Kurzdefinition
Der Strukturalismus ist ein theoretischer Ansatz in den Sozial- und Kulturwissenschaften, der davon ausgeht, dass soziale und kulturelle Phänomene durch zugrunde liegende, meist unbewusste Strukturen bestimmt werden.
Ausführliche Erklärung
Der Strukturalismus untersucht nicht primär individuelles Handeln oder historische Ereignisse, sondern die relationalen Ordnungen, die diesen zugrunde liegen. Zentrale Annahme ist, dass Bedeutungen nicht aus einzelnen Elementen entstehen, sondern aus ihren Beziehungen zueinander – insbesondere aus Differenzen, Oppositionen und formalen Regeln.
Ursprünglich in der strukturalen Linguistik (Ferdinand de Saussure) entwickelt, wurde der Ansatz vor allem durch Claude Lévi-Strauss auf die Ethnologie übertragen. Er zeigte, dass Mythen, Verwandtschaftssysteme oder Rituale weltweit nach ähnlichen Strukturprinzipien organisiert sind, etwa durch binäre Oppositionen wie Natur/Kultur, roh/gekocht oder männlich/weiblich.
Der Strukturalismus versteht Kultur als System von Zeichen, das unabhängig von individuellen Intentionen funktioniert. Kritik richtete sich später vor allem gegen seine Tendenz zur Statik, seine geringe Sensibilität für Macht, Geschichte und Wandel sowie seine Vernachlässigung von Akteurs- und Konfliktperspektiven. Diese Kritik mündete u. a. in poststrukturalistische Ansätze.
Theoriebezug
Claude Lévi-Strauss, Ferdinand de Saussure, Roland Barthes; Abgrenzung zu Poststrukturalismus (Foucault, Derrida)