Kurzdefinition
Die Rational-Choice-Theorie geht davon aus, dass Individuen auf Basis einer rationalen Abwägung von Kosten und Nutzen handeln. Kriminelles Verhalten wird demnach als rationaler Entscheidungsprozess betrachtet, der durch individuelle Kosten-Nutzen-Kalkulationen motiviert ist.
Ausführliche Erklärung
Die Rational-Choice-Theorie entstammt der ökonomischen Theorie des rationalen Handelns und wurde in der Kriminologie vor allem durch Gary S. Becker (1968) und später durch Ronald Clarke und Derek Cornish weiterentwickelt. Die Grundannahme besteht darin, dass Menschen nach dem Prinzip der Nutzenmaximierung und der Kostenminimierung handeln. Dieses Modell wird auch als Expected Utility Model bezeichnet.
Im Kontext der Kriminologie bedeutet dies, dass Straftaten begangen werden, wenn der erwartete Nutzen (z. B. finanzieller Gewinn, sozialer Status) die erwarteten Kosten (z. B. Strafe, gesellschaftliche Ächtung) übersteigt. Die Entscheidung, eine Straftat zu begehen, erfolgt also nicht impulsiv, sondern basiert auf einer rationalen Kosten-Nutzen-Abwägung.
Zentrale Annahmen der Theorie:
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Rationalität: Menschen agieren auf Basis rationaler Überlegungen.
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Kosten-Nutzen-Kalkulation: Vor einer Straftat wägen Täter potenzielle Gewinne und Risiken ab.
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Abschreckung: Strenge Strafen oder erhöhte Aufklärungsraten können die Kosten kriminellen Verhaltens erhöhen und somit abschreckend wirken.
Die Rational-Choice-Theorie bildet die theoretische Grundlage für kriminalpolitische Strategien wie die Situational Crime Prevention, bei der durch Veränderungen in der Umgebung (z. B. bessere Beleuchtung, Überwachungskameras) die Gelegenheiten für Straftaten reduziert werden sollen.