Kurzdefinition
“Mass Incarceration” bezeichnet die Masseninhaftierung großer Bevölkerungsgruppen, insbesondere in den USA, seit den 1970er Jahren. Es handelt sich um ein Phänomen, das durch hohe Inhaftierungsraten und systematische Ungleichbehandlung marginalisierter Gruppen gekennzeichnet ist.
Ausführliche Erklärung
Der Begriff “Mass Incarceration” wurde vor allem durch den US-amerikanischen Soziologen und Rechtswissenschaftler David Garland sowie durch die Aktivistin und Autorin Michelle Alexander populär gemacht. Letztere beschreibt in ihrem Werk The New Jim Crow (2010), wie das Strafjustizsystem der USA als Fortsetzung rassistischer Unterdrückungsstrukturen fungiert.
Seit den 1970er Jahren stiegen die Gefängniszahlen in den USA massiv an. Verantwortlich hierfür waren insbesondere politische Kampagnen wie der “War on Drugs”, der unter Präsident Richard Nixon begann und unter Ronald Reagan stark intensiviert wurde. Durch strenge Drogengesetze, obligatorische Mindeststrafen und die Ausweitung von Vergehen, die mit Haftstrafen geahndet wurden, stiegen die Inhaftierungszahlen sprunghaft an.
Besonders betroffen sind afroamerikanische und hispanische Bevölkerungsgruppen, die überproportional häufig inhaftiert werden. Diese Ungleichbehandlung führt zu weitreichenden sozialen Konsequenzen: Bildungs- und Arbeitschancen werden eingeschränkt, Familienstrukturen zerstört und gesellschaftliche Stigmatisierung gefördert.
Mass Incarceration gilt heute als zentrales Problem der US-amerikanischen Strafjustiz und wird zunehmend als Instrument der sozialen Kontrolle interpretiert, das soziale Ungleichheiten verstärkt anstatt sie abzubauen.
Theoriebezug
Der Begriff steht im Zusammenhang mit Theorien zur sozialen Kontrolle, institutionellem Rassismus und dem Konzept der “Prison-Industrial Complex”. Zudem findet sich ein starker Bezug zur Kritischen Kriminologie und zu Überlegungen der Strafsoziologie.