Kurzdefinition
Institutioneller Rassismus beschreibt diskriminierende Strukturen, Praktiken und Regeln innerhalb öffentlicher oder privater Institutionen, die dazu führen, dass bestimmte ethnische oder soziale Gruppen systematisch benachteiligt werden – auch ohne bewusstes rassistisches Handeln einzelner Akteure.
Ausführliche Erklärung
Institutioneller Rassismus manifestiert sich nicht zwingend durch individuelles Fehlverhalten, sondern durch etablierte Routinen, Gesetzgebungen, Vorschriften und Entscheidungsstrukturen, die bestimmte Gruppen benachteiligen. Im polizeilichen Kontext zeigt sich institutioneller Rassismus beispielsweise durch:
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Racial/Ethnic Profiling: Die Auswahl von Personen für Kontrollen auf Basis von Hautfarbe, ethnischer Zugehörigkeit oder vermeintlicher Herkunft, ohne konkreten Tatverdacht.
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Unverhältnismäßige Polizeikontrollen: Studien zeigen, dass Menschen mit Migrationshintergrund, insbesondere People of Color, überdurchschnittlich häufig kontrolliert werden.
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Unterschiedliche Gefährdungszuschreibungen: Bestimmte Gruppen gelten in polizeilichen Risikobewertungen häufiger als „gefährlich“ oder „kriminell“, was sich auf deren Behandlung auswirkt.
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Unterschiede in der Strafverfolgung: Statistisch lassen sich Unterschiede in der polizeilichen Bearbeitung und Strafverfolgung je nach ethnischer Zugehörigkeit feststellen.
Ein bekanntes Beispiel ist der Macpherson-Bericht (1999) in Großbritannien, der nach der Ermordung des schwarzen Teenagers Stephen Lawrence das Metropolitan Police Service als “institutionally racist” bezeichnete. In Deutschland steht das Thema insbesondere im Kontext der polizeilichen Praxis des “Gefahrenabwehrrechts” und anlasslosen Personenkontrollen („Schleierfahndung“) in der Kritik.
Theoriebezug
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Kritische Kriminologie: Thematisiert Machtstrukturen und institutionelle Diskriminierung in der Strafverfolgung.
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Konstruktivismus: Analysiert, wie durch institutionelle Praktiken soziale Kategorien wie „gefährlich“ konstruiert werden.
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Stigmatisierung (Labeling Approach): Die ethnische Kategorisierung durch Polizeikontrollen kann zu einer Stigmatisierung führen, die soziale Ausschlüsse verstärkt.