Wie wird die Polizei in der populären Jugendkultur dargestellt? Und welche Rolle spielen polizeiliche Erfahrungen, SegregationDie räumliche, soziale oder wirtschaftliche Trennung von Bevölkerungsgruppen innerhalb einer Gesellschaft. und Substanzkonsum in der musikalischen Selbstinszenierung von Rapper:innen? Das Forschungsprojekt „Rap und PolizeiDie Polizei ist eine staatliche Institution zur Gefahrenabwehr, Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Verfolgung von Straftaten.“ geht diesen Fragen auf den Grund – basierend auf einer systematischen Analyse von Rap-Songtexten aus den Jahren 2015 bis 2022.
Das Projekt wurde durch das Institut für Polizei- und Kriminalwissenschaften (IPK) an der HSPV NRW unterstützt.
Forschungsinteresse
Polizeikritische Inhalte sind ein zentrales Thema im internationalen wie auch im deutschsprachigen Hip-Hop. Das Spektrum reicht von der offenen Ablehnung staatlicher Autoritäten bis zur Verarbeitung individueller Erfahrungen mit institutioneller Gewalt. Ziel des Projekts ist es, zu untersuchen, wie häufig, in welcher Form und mit welcher Tonalität die Polizei in Rap-Texten thematisiert wird – und wie diese Darstellungen mit Rauminszenierungen und dem Konsum psychoaktiver Substanzen verknüpft sind.
Hintergrund und Relevanz
Die Studie steht im Kontext aktueller gesellschaftlicher Debatten über Vertrauensverluste gegenüber staatlichen Institutionen, Racial ProfilingEine polizeiliche Praxis, bei der Personen allein aufgrund ihrer ethnischen Herkunft, Hautfarbe oder Religion kontrolliert oder verdächtigt werden, ohne dass es konkrete Hinweise auf eine Straftat gibt. und PolizeigewaltPolizeigewalt beschreibt den Einsatz physischer oder psychischer Gewalt durch Polizeibeamte im Rahmen ihrer Dienstausübung. Sie kann sowohl legitim (im rechtlichen Rahmen) als auch illegitim (bei Überschreitung der Befugnisse) ausgeübt werden. – Themen, die im Rap häufig künstlerisch verarbeitet werden. Theoretisch knüpft die Untersuchung an Perspektiven der Cultural Criminology und der auditiven KriminologieKriminologie ist die interdisziplinäre Wissenschaft über Ursachen, Erscheinungsformen und gesellschaftliche Reaktionen auf normabweichendes Verhalten. Sie untersucht insbesondere Prozesse sozialer Kontrolle, rechtliche Rahmenbedingungen sowie individuelle und strukturelle Einflussfaktoren. an (Wickert 2017; Lee 2021), nach denen Musik als Spiegel kollektiver Erfahrungen, Machtverhältnisse und gesellschaftlicher Konflikte verstanden wird.
Warum eine Online-Veröffentlichung?
Die Veröffentlichung wissenschaftlicher Studien im offenen Web ist unüblich – insbesondere bei Projekten mit originären Daten, die sich problemlos in renommierten Fachjournalen publizieren ließen. Dennoch habe ich mich bewusst für eine Online-Publikation entschieden. Sie ermöglicht es, die Texte mit Musikvideos, Playlists und multimedialen Elementen anzureichern und einem breiteren Publikum zugänglich zu machen – auch jenseits des Wissenschaftsbetriebs. In vielen Fällen verschwinden Fachpublikationen hinter Paywalls und sind nur einem kleinen Kreis von Universitätsangehörigen zugänglich. Diese Studie hingegen richtet sich ausdrücklich auch an interessierte Leser:innen aus Popkultur, Musikjournalismus und Zivilgesellschaft.
Wickert, C. (2025, August 26). Forschungsprojekt: Polizei im Deutschrap 2015–2022. SozTheo. https://soztheo.de/kriminologie/auditive-kriminologie/forschungsprojekt-polizei-im-deutschrap-2015-2022/
Untersuchungsdesign
- Zeitraum: 2015–2022
- Datengrundlage: Alle deutschsprachigen Alben aus den Top 20 der Offiziellen Deutschen Hip-Hop-Charts
- Methode: Kombination aus quantitativer Begriffsfrequenzanalyse und qualitativer Diskursanalyse (basierend auf Machin 2013 / MaxQDA)
- Stichprobe: ca. 900 Alben mit systematischer Auswertung einer Zufallsauswahl (n = 10 %)
Veröffentlichte Beiträge der Serie
Die nachfolgend aufgeführten Beiträge dokumentieren die Ergebnisse des abgeschlossenen Forschungsprojekts „Rap und Polizei“. Sie widmen sich unterschiedlichen Aspekten der Polizeidarstellung im Deutschrap.
Hörbeispiele
Die folgende Playlist auf Spotify enthält eine Auswahl der in der Studie analysierten Titel. Wenn der Player nicht angezeigt wird, klicken Sie hier, um die Playlist direkt bei Spotify zu öffnen.
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Pilotstudie
Dem vorliegenden Projekt ging eine Pilotstudie mit kleinerem Sample (N = 228 Alben) voraus, die ähnliche Fragestellungen untersuchte. Die Ergebnisse dieser ersten Analyse sind hier abrufbar. Darüber hinaus erschien eine Auswahl an Presseberichten zur damaligen Untersuchung:
- VICE: Dieser Typ hat wissenschaftlich untersucht, was deutsche HipHopper über die Polizei rappen
- HipHop.de: Welcher Rapper am häufigsten über die Polizei rappt
- Deutschlandfunk Kultur: Studien zur Polizei-Darstellung im Hip-Hop. Good Cop oder Prügelknabe?
Weiterführende Inhalte
Das Projekt ist eng verknüpft mit folgenden Themenbereichen auf SozTheo:
Literatur
- Lee, M. (2021). This Is Not a Drill: Towards a Sonic and Sensorial Musicriminology. Crime, Media, Culture. https://doi.org/10.1177/17416590211030679
- Machin, D. (2013). Analyzing Popular Music: Image, Sound, Text (Repr. of the 2010 Ed). Sage.
- Wickert, C. (2018). „Ich hab’ Polizei“ – Die Darstellung der Polizei in deutschsprachigen Rapliedern. In: A. Mensching & A. Jacobsen (Hrsg.), Empirische Polizeiforschung XXI. Frankfurt a.M.: Verlag für Polizeiwissenschaft.
- Wickert, C. (2017). Auditive Kriminologie. Verbrechensdarstellung in Liedtexten aus der angloamerikanischen Musiktradition. Juridikum, 1, 90–99.