Definition Globalisierung
Die Globalisierung bezieht sich auf die zunehmende Vernetzung, Integration und Abhängigkeit von Ländern, Kulturen, Menschen und Wirtschaftssystemen auf der ganzen Welt. Es handelt sich um einen komplexen Prozess, der durch eine Vielzahl von Faktoren angetrieben wird, darunter technologische Fortschritte, Handel, Kommunikation, Migration und kultureller Austausch. Für den Begriff der Globalisierung existiert keine einheitliche Definition. Das Lexikon der Wirtschaft definiert ihn folgendermaßen:
Bezeichnung für die zunehmende Entstehung weltweiter Märkte für Waren, Kapital und Dienstleistungen sowie die damit verbundene internationale Verflechtung der Volkswirtschaften. Der Globalisierungsprozess der Märkte wird vor allem durch neue Technologien im Kommunikations-, Informations- und Transportwesen sowie neu entwickelte Organisationsformen der betrieblichen Produktionsprozesse vorangetrieben. Weltweite Datennetze, Satellitenkommunikation, computergestützte Logistik und hoch entwickelte Verkehrsmittel lösen Arbeit und Produktion, Produkte und Dienstleistungen von den nationalen Standorten und ermöglichen es den Unternehmen, die für sie günstigsten Produktions- bzw. Lieferstandorte auszuwählen und ihre Aktivitäten weltweit zu koordinieren. In immer stärkerem Maße werden dadurch Angebot und Nachfrage aus der ganzen Welt zusammengefasst und die Preisbildung vereinheitlicht.
(Bundeszentrale für politische Bildung, o. J.)
Beispiel für wirtschaftliche Verflechtungen in einer globalisierten Welt
Diese globale Verflechtung von Wirtschaft und Dienstleistungen lassen sich gut an einem Beispiel verdeutlichen. Der Sportartikelhersteller Nike ist ein sog. Global Player, der seine Produkte international verkauft und sich somit dem weltweiten Wettbewerb stellen muss. Der Haupt-Firmensitz von Nike befindet sich im Bundesstaat Oregon in den USA. Die Produktionsstätten befinden sich hingegen überwiegend im Ausland – v.a. in Vietnam, China und Indonesien. Ein Sportschuh von Nike wird vielleicht von einem Designteam in den USA entworfen. Die Produktion des Schuhes findet in einer Fabrik in Vietnam statt auf Maschinen, die in Deutschland oder Japan hergestellt wurden. Die Markteinführung des Schuhs wird durch eine globale Werbekampagne begleitet, die von Agenturen in Südafrika, Argentinien und Hongkong realisiert wurde. Der fertiggestellte Schuh wird mit Schiffscontainern, per Flugzeug und LKWs von Vietnam aus weltweit an Distributoren verschickt. Das Rechnungswesen für den Verkauf des Schuhs wird von einer Firma in Indien geleistet, die die Finanzdaten elektronisch an den US-amerikanischen Mutterkonzern überträgt (vgl. Koch, 2017).
Gefahren und Risiken der Globalisierung
Mit der Globalisierung steigt der wirtschaftliche, aber auch gesellschaftliche und kulturelle Einfluss global agierender Unternehmen. Den positiven Aspekten der Globalisierung wie z.B. die größere Verfügbarkeit von Waren und Dienstleistungen stehen negative Aspekte gegenüber, die u.a. mit den Stichworten Americanization, ‘McDonaldization’ oder Westernization umschrieben werden. Der Kern der Kritik, der mit diesen Begriffen zum Ausdruck kommt, ist, dass Nutzen und Chancen, die mit der Globalisierung einhergehen, ungleich verteilt sind. So hat beispielsweise die Globalisierung in vielen Ländern zu einer verstärkten Einkommensungleichheit geführt. Während sie für einige Bevölkerungsgruppen wirtschaftlichen Wohlstand gebracht hat, blieben andere Bevölkerungsgruppen und Regionen zurück. Dies kann zu sozialen Spannungen und Unruhen führen.
In einigen Entwicklungsländern haben globale Wertschöpfungsketten zur Ausbeutung von Arbeitskräften geführt, da Unternehmen in Länder mit niedrigen Löhnen ausgelagert haben. Arbeitsbedingungen können schlecht sein, und Arbeiterrechte werden nicht immer respektiert. Firmen wie Nike, Zara oder Apple stehen in der Kritik Arbeiter in Entwicklungsländern auszubeuten.
Die Verbreitung globaler Medien und Konsumgüter kann dazu führen, dass lokale Kulturen und Traditionen verdrängt werden und es zu einem Verlust kultureller Identität kommt. Dies wird oft als „kulturelle Homogenisierung“ – oder mit Blick auf die vorherrschende Stellung US-amerikanischer Unternehmen eben auch „McDonaldisierung“ – kritisiert, da bestimmte Aspekte lokaler Identität verloren gehen könnten.
Die Globalisierung hat ferner zu einem Anstieg des weltweiten Handels und Transports geführt, was wiederum zu einer erhöhten Umweltverschmutzung und Ressourcenausbeutung beitragen kann. Der Transport von Waren über weite Strecken kann zur Emission von Treibhausgasen und anderen Umweltschäden beitragen.
Die Macht multinationaler Konzerne kann dazu führen, dass Länder und Gemeinschaften von ihren Interessen abhängig werden. Diese Unternehmen können ökonomischen Druck ausüben und Regierungen in eine schwierige Position bringen.
Die Verlagerung von Produktion und Dienstleistungen in Länder mit niedrigeren Kosten kann in einigen Fällen zu einem Verlust lokaler Arbeitsplätze führen.
Eine mögliche Gefährdung der nationalen Souveränität ist ein weiterer Kritikpunkt. So ließe sich argumentieren, dass die Globalisierung die Fähigkeit von Nationalstaaten einschränken kann, eigenständige politische Entscheidungen zu treffen, da internationale Institutionen und Verträge oft eine Rolle bei wirtschaftlichen und politischen Angelegenheiten spielen.
Die Globalisierung des Finanzsektors hat dazu beigetragen, dass Finanzkrisen sich schneller und weiter verbreiten können, was destabilisierende Auswirkungen auf Länder und Volkswirtschaften haben kann.
Drei soziologische Perspektiven auf Globalisierung
Ulrich Beck, Zygmunt Bauman und Saskia Sassen sind prominente Soziologen, deren Arbeiten wesentlich zum Verständnis der Globalisierung und ihrer Auswirkungen auf die moderne Gesellschaft beigetragen haben. Jeder von ihnen hat einzigartige Perspektiven und theoretische Rahmen entwickelt, die zu Schlüsselkonzepten in der Soziologie der Globalisierung geworden sind.
Ulrich Beck ist vor allem bekannt für seine Theorie der „Risikogesellschaft“, die er in seinem gleichnamigen Buch „Risikogesellschaft: Auf dem Weg in eine andere Moderne“ (1986) darlegt. Sein Konzept der Risikogesellschaft befasst sich mit den neuen Arten von Risiken und Unsicherheiten, die durch moderne Technologien und Globalisierungsprozesse entstehen, wie z.B. Umweltverschmutzung, Klimawandel und Finanzkrisen.
Beck argumentiert, dass diese globalen Risiken traditionelle gesellschaftliche Grenzen wie Klasse, Nation und Ethnizität überschreiten und neue Formen der globalen Interdependenz und Vulnerabilität schaffen.
Zygmunt Bauman ist bekannt für seine Analysen der „flüchtigen Moderne“ und der „flüssigen Moderne“, Konzepte, die er in seinem Buch „Flüchtige Moderne“ (2000) entwickelt. Das Konzept bezieht sich auf die Art und Weise, wie Globalisierung und Modernisierung zu einer Auflösung traditioneller Strukturen und Bindungen führen und Unsicherheit sowie ständige Veränderung in den Mittelpunkt des sozialen Lebens rücken. Baumans Arbeiten beleuchten die Auswirkungen der Globalisierung auf individuelle Identitäten und soziale Beziehungen, wobei er Themen wie Konsum, Überwachung und die Entstehung einer „globalen Elite“ erforscht.
Saskia Sassen ist besonders bekannt für ihre Forschungen im Bereich der urbanen Soziologie und Globalisierung. Ihr einflussreichstes Werk ist „The Global City“ (1991), in dem sie das Konzept der „globalen Stadt“ entwickelt. Sie analysiert, wie bestimmte Städte wie New York, London und Tokio zu zentralen Knotenpunkten der globalen Wirtschaft werden und dabei sowohl eine immense Konzentration von Reichtum und Macht als auch soziale Ungleichheit und Segregation erleben. Sassens Arbeit betont die Bedeutung von Urbanisierung und Migration im Kontext der Globalisierung und untersucht, wie globale Prozesse auf lokaler Ebene manifestiert und erlebt werden.
Relevanz von Globalisierung für Sicherheitsbehörden und Polizei
Der weltweite Austausch von Waren und Dienstleitungen betrifft nicht nur legale Wirtschaftszweige. Auch kriminelle Akteure profitieren von einem weltumspannenden Netzwerk an Kommunikations- und Transportmöglichkeiten (siehe ausführlich in: United Nations Office on Drugs and Crime, 2010). Dies stellt Sicherheitsbehörden vor neue Herausforderungen.
Transnationale Kriminalität
Die Globalisierung hat Verbrecher dazu befähigt, über Grenzen hinweg operieren zu können. Hierbei können verschiedene Formen der Kriminalität auftreten:
Drogenhandel: Internationale Drogenkartelle nutzen globalisierte Transportwege, um illegale Substanzen zu schmuggeln. Polizisten müssen mit internationalen Behörden kooperieren, um diese Netzwerke zu bekämpfen.
Menschenhandel: Menschenhändler nutzen grenzüberschreitende Routen, um Opfer zu verschleppen und auszubeuten. Polizeikräfte müssen in der Lage sein, solche Verbrechen zu erkennen und zu unterbinden, oft in Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen und anderen Ländern.
Cyberkriminalität: Das Internet hat den Weg für Cyberkriminalität geebnet, die grenzüberschreitend stattfinden kann. Polizeibehörden müssen sich mit Cyberangriffen, Identitätsdiebstahl und digitalen Betrügereien auseinandersetzen.
Migration und Flüchtlingsbewegungen
Die Globalisierung hat zu einer erhöhten Mobilität von Menschen geführt. Dies führt zu neuen Herausforderungen und Aufgabengebiete für die Polizei.
Grenzsicherung: An den Grenzen müssen Polizeikräfte die Einreise von Migranten und Flüchtlingen regulieren und gleichzeitig Schmuggelaktivitäten überwachen.
Menschenrechte: Polizeibeamte müssen Flüchtlingen und Migranten mit Respekt und Würde begegnen, insbesondere wenn es um die Durchsetzung von Migrationsgesetzen geht.
Internationale Zusammenarbeit: Polizisten müssen in der Lage sein, mit internationalen Organisationen, Botschaften und Kollegen in anderen Ländern zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass Migrationsströme sicher und ordnungsgemäß verwaltet werden.
Kultureller Austausch
Die Globalisierung bringt verschiedene Kulturen und Traditionen in Kontakt, was zu kulturellen Spannungen führen kann. Polizeikräfte müssen:
Interkulturelle Kompetenz: Polizisten sollten sensibel auf kulturelle Unterschiede reagieren und in der Lage sein, Konflikte zwischen verschiedenen Gemeinschaften zu verhindern oder zu lösen.
Deeskalation: In Situationen, in denen kulturelle Missverständnisse zu Konflikten führen könnten, sollten Polizeibeamte Fähigkeiten zur Deeskalation einsetzen, um Spannungen zu reduzieren.
Internationale Zusammenarbeit
Angesichts der globalen Natur von Kriminalität und Sicherheit ist die Zusammenarbeit zwischen Polizeikräften aus verschiedenen Ländern unerlässlich. Polizeibeamte müssen:
Informationsaustausch:Informationen über grenzüberschreitende Verbrechen müssen zwischen Ländern geteilt werden, um Ermittlungen zu unterstützen.
Gemeinsame Ermittlungen: Polizisten müssen in der Lage sein, gemeinsam mit Kollegen aus anderen Ländern zu ermitteln, um kriminelle Netzwerke zu zerschlagen.
Internationale Abkommen: Kenntnisse über internationale Vereinbarungen und Protokolle, die die Zusammenarbeit in der Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität regeln, sind von großer Bedeutung.
Wirtschaftliche Auswirkungen
Die Globalisierung hat auch wirtschaftliche Konsequenzen, die die Polizeiarbeit beeinflussen können:
Wirtschaftskriminalität: Polizeibeamte müssen in der Lage sein, wirtschaftliche Straftaten wie Betrug, Korruption und Geldwäsche zu erkennen und zu bekämpfen.
Untersuchung von Finanzverbrechen: In einer globalisierten Wirtschaftsumgebung können Finanzverbrechen komplex sein. Polizeikräfte müssen möglicherweise internationale Finanzströme verfolgen, um die Täter zu ermitteln.
Literatur und weiterführende Informationen
- Baumann, Z. (2022). Flüchtige Moderne (9. Aufl.). Suhrkamp.
- Beck, U. (2022/ 1986). Risikogesellschaft: Auf dem Weg in eine andere Moderne (25. Aufl.). Suhrkamp.
- Bundeszentrale für politische Bildung (o. J.). Lexikon der Wirtschaft – Globalisierung. https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/lexikon-der-wirtschaft/19533/globalisierung/
- Franko Aas, K. (2007). Globalization & Crime. Los Angeles u.a. Routledge.
- Giddens, A. (1990) The Consequences of Modernity. Cambridge: Polity Press
- Koch, E. (2017). Globalisierung: Wirtschaft und Politik. (2. Auflage) Wiesbaden: Springer Fachmedien.
- Sassen, S. (2002). The Global City: New York, London, Tokyo. Princeton: Princeton University Press. https://doi.org/10.1515/9781400847488S
- United Nations Office on Drugs and Crime [UNODC] (2010). The Globalization of Crime. A Transnational Organized Crime Threat Assessment. Wien. https://www.unodc.org/documents/data-and-analysis/tocta/TOCTA_Report_2010_low_res.pdf