Kurzdefinition
Cultural Criminology ist ein kriminologischer Ansatz, der Kriminalität und soziale Kontrolle als kulturell geprägte Phänomene versteht und analysiert. Im Fokus stehen die Bedeutungen, Symbole und gesellschaftlichen Diskurse, die Kriminalität umgeben.
Ausführliche Erklärung
Die Cultural Criminology entstand in den 1990er Jahren als kritische Reaktion auf die Rational-Choice-Theorie und die zunehmende Verwissenschaftlichung der Kriminologie. Im Gegensatz zu den klassischen Ansätzen versteht die Cultural Criminology Kriminalität nicht nur als Rechtsbruch, sondern als kulturell verankertes und symbolisch aufgeladenes Phänomen. Kriminalität und abweichendes Verhalten werden als Ausdruck sozialer Identitäten, Machtstrukturen und subkultureller Normen interpretiert.
Ein zentrales Anliegen der Cultural Criminology ist es, die emotionalen, ästhetischen und performativen Dimensionen von Kriminalität sichtbar zu machen. Beispiele sind Graffiti als Ausdruck urbaner Protestkultur, der mediale Umgang mit Kriminalität oder die Ästhetisierung von Gewalt in der Popkultur.
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Edgework: Risiko- und Grenzerfahrungen, die beim Begehen krimineller Handlungen bewusst gesucht werden.
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Subkultur: Die kulturellen Ausdrucksformen von marginalisierten Gruppen (z. B. Graffiti, Rap, Street Art).
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Symbolische Interaktion: Die Bedeutung von Kriminalität wird durch soziale Interaktion und kulturelle Deutungsmuster erzeugt.
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Medialisierung von Kriminalität: Die Rolle der Medien bei der Konstruktion und Reproduktion von Kriminalitätsbildern.
Theoriebezug
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Symbolischer Interaktionismus (Mead, Blumer): Die Bedeutung krimineller Handlungen entsteht erst durch soziale Interaktionen.
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Labeling Approach (Becker, Lemert): Die gesellschaftliche Reaktion auf Devianz formt die Identität der Täter*innen.
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Poststrukturalismus (Foucault): Machtstrukturen und Diskurse prägen die Wahrnehmung und Kontrolle von Kriminalität.
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Cultural Studies (Hall, Hebdige): Die Analyse subkultureller Ausdrucksformen und deren Widerstand gegen hegemoniale Machtstrukturen.