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Sie befinden sich hier: Home / Kriminalitätstheorien / Sanktionierung / Defiance Theory (Sherman)

Defiance Theory (Sherman)

3. Juni 2018 | zuletzt aktualisiert am 6. Juli 2024 von Christian Wickert

Nach der Defiance Theory (eng. Trotz-Theorie) können von einer Strafe drei verschiedene Wirkungsweisen ausgehen.

  1. Strafe kann abschreckend wirken und damit den gewünschten Erfolg haben.
  2. Strafe kann wirkungslos sein, also keinen Einfluss auf das weitere Begehen von Straftaten haben.
  3. Strafe kann eine Trotzreaktion hervorrufen. Damit wirkt Strafe verstärkend auf deviantes Verhalten.

Welche der Reaktionen eine Strafe hervorruft, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Faktoren, welche Trotz wahrscheinlicher machen, sind empfundene Ungerechtigkeit, Anzweifeln der Legitimität der Strafenden, verletzter Stolz und mangelnde soziale Bindung zu den Strafenden.

Inhaltsverzeichnis

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  • Hauptvertreter
  • Theorie
  • Kritische Würdigung
  • Kriminalpolitische Impikationen
  • Literatur
    • Primärliteratur
    • Sekundärliteratur
  • Weiterführende Informationen

Hauptvertreter

Lawrence W. Sherman

Theorie

Shermans Defiance-Theorie ist keine Labeling-Theorie im eigentlichen Sinne. Was sie mit den Labeling Theorien jedoch gemein hat ist, dass sie die paradoxe Wirkung zu erklären versucht, welche Strafe haben kann. Im Gegensatz zu Labeling Theorien konzentriert Sherman sich nicht ausschließlich auf die negativen Folgen von Strafe. Er geht davon aus, dass Strafe manchmal abschreckend  und manchmal verstärkend auf die Begehung weiterer Straftaten wirkt.
Strafe kann nach Sherman drei verschiedene Wirkungsformen haben:

  1. Strafe kann abschreckend wirken und damit den gewünschten Erfolg haben. (Deterrence)
  2. Strafe kann wirkungslos sein, also keinen Einfluss auf das weitere Begehen von Straftaten haben. (Irrelevance)
  3. Strafe kann eine Trotzreaktion hervorrufen. Damit wirkt Strafe verstärkend auf deviantes Verhalten. (Defiance)

Die Defiance-Theorie zielt darauf ab, die Gesetzmäßigkeiten aufzudecken, nach denen die verschiedenen Wirkungsweisen eintreten. Dazu gehören für Sherman aus empirischen Untersuchungen gefundene Zusammenhänge wie zum Beispiel:

  • dass sich ein Zusammenhang zwischen Persönlichkeitstyp und Wirkungsweise von Strafe feststellen lässt,
  • dass Strafe bei arbeitenden Männern besser wirkt als bei arbeitslosen,
  • oder dass sie besser bei älteren wirkt als bei jüngeren Menschen.

Sherman versteht seine Theorie als eine ‚General Theory of Crime‘, verwendet diesen Begriff jedoch anders als Gottfredson und Hirschi. Sherman erhebt keinen Anspruch darauf, dass seine Theorie alleine Devianz erklären könnte. Allerdings geht er davon aus, dass sie auf jede Form der Devianz anwendbar ist.

Erfolgt Trotz als Reaktion auf Strafe kann dies zur Begehung weiterer und schwererer Taten führen, wobei  sich zukünftige Taten gegen die sanktionierende Gruppe richten und durch eine stolze, schamlose Reaktion auf Bestrafung zu erklären sind. Defiance ist also ein Zustand des wütenden Stolzes.

Defiance wird durch folgende Faktoren hervorgerufen:

  • Eine Sanktion wird als ungerecht empfunden.
  • Die Art der Bestrafung wird als ungerecht empfunden. Dies kann passieren, wenn die Strafe als willkürlich, diskriminierend oder exzessiv wahrgenommen wird, oder der Täter/die Täterin keinen Respekt für den Bestrafenden empfindet.
  • Der Täter/die Täterin ist nicht in die Gemeinschaft integriert.
  • Wenn Bindungen an die Gemeinschaft und insbesondere an die sanktionierenden Instanzen schwach sind, sinkt auch die Bereitwilligkeit, die Sanktionen anzuerkennen. (An dieser Stelle deckt sich Shermans Theorie mit der von Reintegrative Shaming Theory Braithwaites.
  • Die Strafe wirkt stigmatisierend.
  • Wenn der Täter das Gefühl hat, in seiner ganzen Person abgelehnt zu werden.
  • Scham wird nicht anerkannt.
  • Wenn Schwäche in den Bestrafenden wahrgenommen wird oder aus anderen Gründen der Scham, der normalerweise durch die Sanktion hervorgerufen wird, abgelehnt wird.

Kritische Würdigung

Shermans Trotztheorie ist ausgesprochen gut integriert. Dies heißt, dass sie die Erkenntnisse anderer Theorien beachtet und Elemente von verschiedenen anderen Theorien beinhaltet. Insbesondere ist sie eine Weiterführung von John Braithwaites Theorie des Reintegrative Shaming.

Sherman selbst hat seine eigene Theorie 1993 ausgiebig kritisiert, verfeinert und ausgebaut. Er ging dabei besonders darauf ein, dass Defiance zu einer Wechselwirkung zwischen Polizei und Tätern führen kann. Polizeibeamte, Richter und andere sanktionierende Akteure reagieren selber härter, wenn sie Trotz bei ihrem Gegenüber wahrnehmen. Wirkt jemand einsichtig und respektvoll, wird ihm eher Milde entgegengebracht, als wenn jemand die Strafe offensichtlich ablehnt. Dieselben Prozesse finden bei der Urteilsgebung in Gerichten statt. Eine Richterin wird eine härtere Strafe verhängen wenn sie einen Angeklagten als uneinsichtig wahrnimmt. Jemand der wahrnimmt, dass er härtere Strafen erhält, als andere Personen die dieselbe Tat begangen haben, wird diese Strafe wiederum eher als ungerecht empfinden, was zu weiterem Trotz führt. So kann ein Teufelskreislauf entstehen.

Sherman kritisierte an seiner ursprünglichen Theorie auch, dass der Begriff ‚Defiance‘ mit zwei unterschiedlichen Bedeutungen genutzt wird. Einerseits steht er für die Emotion des verletzten Stolzes, aus dem heraus weitere Taten begangen werden. Andererseits wird er aber auch für die Taten selbst benutzt. Dies impliziert, dass immer, wenn die Emotion ‚Defiance‘ auftritt, auch weitere Straftaten folgen.

Kriminalpolitische Impikationen

Sherman and Braithwaite: Restorative Justice

Sherman und Braitwaites Erkenntnis, dass Sanktionen sowohl hemmend als auch verstärkend auf kriminelles Verhalten wirken kann, hat eindeutige Implikationen auf die Ausgestaltung eines ‚idealen‘ Justizsystems.
Sherman und Braithwaite sind beide Verfechter von ‚Restorative Justice‘. Damit sind Formen der alternativen Konfliktlösung gemeint, die besser auf die Bedürfnisse der einzelnen Beteiligten eingehen als klassische Strafverfahren. ‚Restorative Justice‘ möchte mehr als nur einseitig eine Strafe für ein Fehlvergehen verhängen. Stattdessen soll ein Heilungsprozess zustande kommen, in denen die Bedürfnisse aller Beteiligten Gehör finden. Zudem legt ‚Restorative Justice‘ besonderen Wert auf Respekt und Kommunikation zwischen allen Beteiligten, so dass Zuschreibung und gesellschaftliche Fixierung negativer Merkmale an Einzelpersonen oder Gruppen, die zu sozialer Abwertung und Ausschluss führen.">Stigmatisierung oder disintegrative shaming vermieden werden können. An dessen Stelle soll eine Kommunikation aller Beteiligter treten, in der sowohl Täter als auch Opfer die Chance haben, sich zu erklären.

Aber auch innerhalb der klassischen Justizsysteme geben Braithwaites und Shermans Theorien vielfältige Anhaltspunkte wie der Umgang mit (möglichen) Tätern effektiver gestaltet werden kann. Dazu ist es vor allem wichtig, dass Willkür, Demütigung und Stigmatisierung, z.B. von Seiten der Polizei oder der Gerichte, vermieden werden.

Literatur

Primärliteratur

  • Sherman, Lawrence H. (1993) Deviance, Deterrence and Irrelevance: A Theory of Criminal Sanctions. In: Journal of Research in Crime and Delinquency, 30(4), S. 445-473.

Sekundärliteratur

  • Lawrence W. Sherman, Denise Gottfredson, Doris MacKenzie, John Eck, Peter Reuter, and Shawn Bushway: Preventing Crime: What works, what doesn’t, what’s promising

Weiterführende Informationen

  • „Restorative Justice Online“: Bietet eine Vielzahl von Material über Theorien der Restorative Justive sowie Beispiele des praktischen Einsatzes: http://www.restorativejustice.org/
  • Eine Übersicht der verschiedenen Methoden der Restorative Justice: http://www.transformingconflict.org/Restorative_Approaches_and_Practices.htm
  • Artikel über John Braithwaite: http://www.realjustice.org/articles.html?articleId=534

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Kategorie: Kriminalitätstheorien Tags: Braithwaite, Defiance Theory, Emotionen, Kontrolle, Labeling, Mikro/Makro, pönologisch, Sanktionierung, Soziologie, Strafe, Trotz, USA

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