• Zur Hauptnavigation springen
  • Zum Inhalt springen
  • Zur Seitenspalte springen
  • Zur Fußzeile springen

SozTheo

Sozialwissenschaftliche Theorien

  • Soziologie
    • Allgemeine Soziologie
    • Stadtsoziologie
    • Soziologie der Gewalt
    • Polizeigeschichte
    • Seminar: Polizei & Pop
    • Schlüsselwerke der Soziologie
  • Kriminologie
    • Schlüsselwerke der Kriminologie
  • Kriminalitätstheorien
    • Personenregister
    • Anomie-/ Druck-Theorien
    • Biologische Kriminalitätstheorien
    • Herrschafts- und gesellschaftskritische Kriminalitätstheorien
    • Karriere/ Entwicklung/ Lebenslauf
    • Kontrolle
    • Kultur/ Emotion/ Situation
    • Lernen/ Subkultur
    • Rational Choice
    • Sanktionierung
    • Soziale Desorganisation
  • Forschung
    • Qualitätskriterien für wissenschaftliches Arbeiten
    • Inhaltsanalyse
    • Standardisierte Befragungen
    • Wie führe ich Experteninterviews?
  • Tipps fürs Studium
    • Wie erstelle ich eine Hausarbeit/ Bachelorarbeit/ Masterarbeit?
    • Checkliste für Erstellung/ Abgabe wissenschaftlicher Arbeiten
    • Wie schreibe ich eine (sehr) gute Arbeit?
    • Systematische Literaturrecherche
    • Bachelorarbeit Thema finden
    • Wie erstelle ich ein Exposé?
    • Wie zitiere ich richtig im APA-Stil?
  • Glossar
Sie befinden sich hier: Home / Kriminologie / Jugenddelinquenz

Jugenddelinquenz

22. Dezember 2017 | zuletzt aktualisiert am 5. März 2025 von Christian Wickert

Inhaltsverzeichnis

Toggle
  • Definition
    • Definition
  • Was kennzeichnet Jugend?
  • Jugendkriminalität im polizeilichen Hell- und Dunkelfeld
    • Hellfeld
    • Dunkelfeld
  • Delinquenzbelastung im Lebensverlauf
  • Jugendliche Mehrfach- und Intensivtäter
  • Erklärungsansätze für Jugenddelinquenz
  • Jugendliche als Opfer von Kriminalität
  • Erziehung, Abschreckung und Strafe im Kontext von Jugenddelinquenz
  • Risiko- und Schutzfaktoren
  • Prävention
  • Quellen und weiterführende Informationen
  • Beiträge zum Thema

Definition

Der juristischen Definition nach bezeichnet der Begriff der JugendkriminalitätKriminelles Verhalten von Personen, die nach deutschem Recht als Jugendliche (14 bis unter 18 Jahre) oder Heranwachsende (18 bis unter 21 Jahre) gelten. das mit Strafe bedrohte Verhalten junger Menschen. Laut Jugendgerichtgesetz ist Jugendlicher, „wer zur Zeit der Tat vierzehn, aber noch nicht achtzehn, Heranwachsender, wer zur Zeit der Tat achtzehn, aber noch nicht einundzwanzig Jahre alt ist.“ (§ 1, Absatz 2, JGG).

Definition

„Als Jugendkriminalität wird die Gesamtheit des mit Strafe bedrohten Verhaltens junger Menschen im Alter von 14 bis 21 bezeichnet, ohne Berücksichtigung der Ausprägung ihrer strafrechtlichen Verantwortung.“
(Clages & Zeitner, 2016: 121)

In Anlehnung an den im angelsächsischen Sprachraum verbreiteten Begriff „juvenile delinquency“ grenzt auch die deutschsprachige KriminologieKriminologie ist die interdisziplinäre Wissenschaft vom VerbrechenEin Verbrechen ist eine besonders schwerwiegende Form rechtswidrigen Handelns, die im Strafrecht mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr bedroht ist – zugleich ist es ein sozial und historisch wandelbares Konstrukt., seinen Ursachen, Erscheinungsformen, gesellschaftlichen Reaktionen und der sozialen Kontrolle von abweichendem Verhalten. Jugenddelinquenz von Jugendkriminalität ab. Das Konzept der Jugenddelinquenz trägt dem Umstand Rechnung, dass die Lebensphase der Jugend durch sozialisationsbedingte Entwicklungsdefizite gekennzeichnet sein kann, die mit Formen eines episodenhaften – d.h. auf die Jugendphase begrenztes – abweichenden Verhaltens einhergehen. Der Begriff der DelinquenzDelinquenz beschreibt die Neigung, strafbare Handlungen zu begehen. ist zudem weiter gefasst als der der KriminalitätKriminalität bezeichnet gesellschaftlich normierte Handlungen, die gegen das Strafgesetz verstoßen. und umfasst auch Verhaltensweisen, die von Erwachsenen in der Regel nicht gebilligt werden, jedoch unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit liegen wie z.B. Schulschwänzen, (übermäßiger) Alkoholkonsum etc. Aber auch die von Jugendlichen und jungen Erwachsenen begangene Kriminalität weist Spezifika auf und unterscheidet sich von der Kriminalität Erwachsener. Dollinger und Schmidt-Semisch (2018: 3f.) fassen die Charakteristik von Jugendkriminalität wie folgt zusammen:

Jugendkriminalität:

a) ist ubiquitär, d.h. sie betrifft fast alle Jugendlichen;

b) ist transitorisch, also meist ein vorübergehendes und sich selbst „erledigendes“ Phänomen im Lebenslauf;

c) ist im Vergleich zur Kriminalität Erwachsener eher spontan, gruppenbezogen und richtet weniger wirtschaftlichen Schaden an;

d) verweist nicht nur auf Jugendliche als Täter, sondern auch als Opfer, und

e) kann nicht erfolgreich mit „harten“ Maßnahmen bekämpft werden, da diese mit hohen Rückfallquoten in Zusammenhang stehen.

Im Folgenden werden die benannten Merkmal näher erläutert.

Was kennzeichnet Jugend?

Bereits dem Philosoph Sokrates wird nachgesagt, er habe sich über das Verhalten der Jugend beschwert.
Büste des Sokrates
Sokrates lebte von 469 v. Chr. – 399 v. Chr.

Die Jugend liebt heute den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt mehr vor älteren Leuten und diskutiert, wo sie arbeiten sollte. Die Jugend steht nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widerspricht den Eltern und tyrannisiert die Lehrer.
Sokrates

Das dem griechischen Philosophen Sokrates zugeschriebene Zitat verdeutlicht, dass vermutlich zu allen Zeiten ältere Generationen das Verhalten und Benehmen der jüngeren Gesellschaftsmitglieder kritisiert haben.

Das Jugendalter ist charakterisiert durch  einerseits ein relatives hohes Maß an AbhängigkeitAbhängigkeit beschreibt den Zustand, in dem eine Person nicht mehr in der Lage ist, den Konsum einer Substanz oder ein bestimmtes Verhalten ohne psychische und/oder physische Entzugserscheinungen zu beenden. von den Eltern und anderen Erziehungspersonen und andererseits einem Streben nach Unabhängigkeit von der Welt der Erwachsenen. Jugendliche wenden sich vermehrt Gleichaltrigen (Peers) zu und bewerten die Erwachsenenwelt kritisch. Etablierte gesellschaftliche Werte werden kritisch betrachtet und alternative Wertvorstellungen verfolgt. Ein Streben nach zunehmender Verantwortungsübernahme konfligiert  mit einer noch mangelnden Erfahrung. Das Jugendalter ist zudem gekennzeichnet durch eine sexuelle Reifung (Pubertät) und dem (vorläufigen) Endpunkt der (sekundären) SozialisationSozialisation bezeichnet den Prozess, durch den Individuen die Werte, NormenVerhaltensregeln und Erwartungen, die innerhalb einer Gesellschaft oder sozialen Gruppe als verbindlich gelten., Verhaltensmuster und sozialen Rollen ihrer GesellschaftEine Gesellschaft ist ein strukturiertes Gefüge von Menschen, die innerhalb eines geografischen Raumes unter gemeinsamen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen leben und durch institutionalisierte soziale Beziehungen miteinander verbunden sind. erlernen und internalisieren. Dieser Prozess ermöglicht die IntegrationIntegration bezeichnet den Prozess der Eingliederung von Personen oder Gruppen in eine bestehende Gesellschaft, bei dem sowohl Anpassung als auch Teilhabe angestrebt werden. in soziale Gemeinschaften und die Entwicklung einer eigenen sozialen Identität. (vgl. Clages & Zeitner, 2016: 122).

Insbesondere die Autonomiebestrebungen junger Menschen ziehen Verhaltensweisen nach sich, die den Jugendlichen (noch) nicht erlaubt sind (z.B. Autofahren, Rauchen, Trinken etc.) oder die die Älteren als unvernünftig und unziemlich tadeln (z.B. Mutproben, ausgelassen feiern etc.). Die benannten Beispiele sind dem Bereich der Delinquenz zuzuordnen. Jedoch ist auch die Begehung von Straftaten für das Jugendalter typisch. Gemäß verschiedener Dunkelfeldbefragungen (s.u.) werden bis zu achtzig Prozent der Jugendlichen im Jugendalter mindestens einmal kriminell. Die Spannbreite der Delikte reicht hierbei von Schwarzfahren (Leistungserschleichung) über den Download von Filmen und Musik (Verstoß gegen das Urheberrechtegesetz) bis hin zu Sachbeschädigung (z.B. Graffiti), Körperverletzung und den Umgang mit illegalen DrogenDrogen sind psychoaktive Substanzen, die das zentrale Nervensystem beeinflussen und in legaler oder illegaler Form konsumiert werden.. Dieses Verhalten ist dabei keineswegs eine Eigenart deutscher Jugendlicher, sondern lässt sich in unterschiedlichen Kulturen, gesellschaftliche Schichten übergreifend und zu allen Zeiten beobachten. Jugendkriminalität ist demnach ein normales – da ubiquitäres (allgegenwärtiges) Phänomen.

Jugendkriminalität im polizeilichen Hell- und Dunkelfeld

Einzelne schwere Taten (insbesondere Körperverletzungsdelikte) haben in der Vergangenheit immer wieder für ein großes mediales Interesse an dem Thema Jugendkriminalität gesorgt. Auffällig ist hierbei, dass insbesondere Taten, von denen zum einen Bilder aus Überwachungskameras vorlagen und bei denen zum anderen ein deutsches, zumeist älteres Opfer von jugendlichen Personen mit Migrationshintergrund geschädigt wurde,  öffentliche Aufmerksamkeit erregt. Die Presseberichte tragen ihren Anteil an der  Mär von der Zunahme von Jugendkriminalität in Häufigkeit und/ oder Schwere bei.

Hellfeld

Die Daten zum sog. Hellfeld der Jugendkriminalität speisen sich aus der polizeilichen KriminalstatistikSammlung und Auswertung von Daten über polizeilich registrierte Straftaten und Tatverdächtige.. Aus der Darstellung der langfristigen Entwicklung der Jugendkriminalität (siehe unten) ist ersichtlich, dass die Zahl der tatverdächtigen Kinder und Jugendlichen in den 1990er Jahren anstieg. Im Jahr 1998 erreichte dieser Anstieg seinen Höhepunkt mit 302.413 tatverdächtigen Jugendlichen. Seither ist ein weitgehend konstanter Abstieg zu verzeichnen. Im Jahr 2019 wurden 177.082 tatverdächtige Jugendliche registriert, was in etwa dem Niveau des Jahres von 1992 entspricht. Die Jahre 2020 und 2021 waren durch Hygienemaßnahmen und soziale Kontaktbeschränkungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie geprägt. Der Einfluss dieser Maßnahmen auf die Tatgelegenheitsstruktur zeigt sich im Allgmeinen (und nicht nur mit Blick auf Jugendkriminalität) in einem Rückgang der Kriminalität. Im Jahr 2022 ist ein deutlicher Anstieg der registrierten Tatverdächtigen festzustellen auf ein Niveau oberhalb des „Vor-Corona-Niveaus“ 2019.

Entwicklung der jugendlicher Tatverdächtiger in Deutschland (1987-2022)
Entwicklung jugendlicher Tatverdächtiger in Deutschland (1987-2022) (Quelle: PKS 2019, PKS 2020, PKS 2021, PKS 2022)

Die Entwicklung der Jugendkriminalität im HellfeldDer Teil der Kriminalität, der polizeilich bekannt und in Statistiken wie der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erfasst wird. ist im Kontext der Erfassungsmodalitäten zu betrachten. Das Eingangszitat und die Merkmale von Jugendkriminalität (insbesondere der spontane und gruppenbezogene Charakter, das Autonomiebestreben und die Hinwendung zu Peers) zeugen davon, das ein Großteil der Jugendkriminalität auf eine exponierte Tatbegehung zurückzuführen ist. Eine Gruppe Jugendlicher, die ein Kaufhaus betritt, wird eher die Aufmerksamkeit des Verkaufspersonals und des Ladendetektivs auf sich ziehen als ein allein agierender, erwachsener Ladendieb. Eine Drogen konsumierende Gruppe Jugendlicher auf der Parkbank wird eher ins Visier einer Polizeistreife geraten als der erwachsene Drogenkonsument, der in seinen eigenen vier Wänden Drogen gebraucht. Das AnzeigeverhaltenDas Anzeigeverhalten beschreibt die Bereitschaft von Opfern oder Zeugen, eine Straftat der Polizei zu melden. und die Kontrollintensität spielen demnach bei Jugendkriminalität eine besondere Rolle.

Dunkelfeld

Im Gegensatz zu Daten aus dem polizeilichen Hellfeld, die jährlich im Rahmen der Polizeilichen Kriminalstatistik publiziert werden, sind Informationen im Kontext von Jugendkriminalität zur Täterschaft und Opferwerdung aus dem statistischen DunkelfeldDas Dunkelfeld umfasst alle Straftaten, die nicht polizeilich bekannt oder statistisch erfasst werden. rar (siehe hier zu allgemeinen Informationen zum Hell- und Dunkelfeld). Dies hängt vor allem mit der methodischen Komplexität solcher Untersuchungen und den hiermit verbundenen finanziellen Kosten zusammen. Um repräsentative Aussagen treffen zu können, müssen eine große Anzahl von Jugendlichen in unterschiedlichen Städten und Gemeinden über ganz Deutschland verteilt befragt werden. Grundsätzlich liegen diesen Dunkelfeldanalysen selbstberichtete Delinquenz und Angaben zur eigenen ViktimisierungDer Prozess der Opferwerdung durch eine Straftat oder ein anderes schädigendes Ereignis. der Befragten zugrunde. Die hier erfassten Taten bilden demnach eine Schnittmenge mit der polizeilich registrierten Jugendkriminalität, gehen aber deutlich darüber hinaus (da eben nicht jeder Täter gefasst und nicht jede Tat zur Anzeige gebracht wird).

Das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) führte 1998 eine großangelegte Schülerbefragung in der neunten Jahrgangsstufe in neun deutschen Städten durch. 2007/2008 erfolgte die erste repräsentative Schülerbefragung in Deutschland. Eine Übersicht über die thematischen Schwerpunkte der verschiedenen KFN-Schülerbefragungen und dazugehörige Forschungsberichte sind auf der Internetseite des KFN verfügbar.

Ein zentrales Ergebnis dieser Schülerbefragung ist der unten stehenden Grafik zu entnehmen:

Der Anteil der Jugendlichen, die angeben, mindestens eine Straftat innerhalb der letzten 12 Monate begangen zu haben, liegt bei über 70% (bei den Jungen bei 43,7% und den Mädchen bei 23,6%). Somit findet auch in dieser Studie die Annahme vom ubiquitären Charakter von Jugendkriminalität Bestätigung. Auffällig ist die Diskrepanz zwischen der selbstberichteten Delinquenz von Jungen und Mädchen. Lediglich beim Ladendiebstahl berichten die weiblichen Befragten annähernd so oft von einer Täterschaft. Bei allen anderen abgefragten Delikten liegt der Anteil der Mädchen höchstens ein Drittel so hoch wie bei den männlichen Befragten. Bei (schweren) Gewaltdelikten ist diese Diskrepanz am höchsten.

Bei den berichteten Delikten dominieren leichte Straftaten wie Vandalismus, einfache Körperverletzung und Ladendiebstahl. Schwere Straftaten wie Einbruch, Raub, sexuelle Gewalt und Erpressung werden sehr viel seltener berichtet.

Mit Blick auf die zur Verfügung stehenden Dunkelfelddaten zur Jugendkriminalität, stellt Heinz (2016) ferner fest, dass „entgegen den in der PKS ausgewiesenen Anstiegen […] sämtliche neueren, seit Ende der 1990er-Jahre durchgeführten Schülerbefragungen bei keinem der untersuchten Delikte einen Anstieg [zeigen], die Raten gehen überwiegend sogar zurück, teilweise deutlich“. Demnach ist der in den 1990er Jahren zu verzeichnende Anstieg der Jugendkriminalität im polizeilichen Hellfeld auf eine „eine Sensibilisierung gegenüber Gewalt und eine Erhöhung der Anzeigebereitschaft“ (ebd.) zurückzuführen.

Jugendkriminalität – Dunkelfeldkriminalität – selbstberichtete Delinquenz von Jugendlichen basierend auf einer repräsentativen Schülerbefragung
Dunkelfeldkriminalität – Selbstberichtete Delinquenz von Jugendlichen (Heinz, 2016)

 

Delinquenzbelastung im Lebensverlauf

Ich wollte, es gäbe gar kein Alter zwischen zehn und dreiundzwanzig, oder die jungen Leute verschliefen die ganze Zeit: Denn dazwischen ist nichts, als den Dirnen Kinder schaffen, die Alten ärgern, stehlen, balgen
Shakespeare (1611) Wintermärchen, 3. Akt 3. Szene

Jugendkriminalität ist transitorisch, d.h., für die allermeisten Jugendlichen ist Kriminalität beschränkt auf eine kürzere Phase in ihrer Lebensspanne. Wie der unten stehenden Grafik zu entnehmen ist, steigt die Tatverdächtigenbelastungsziffer im Kindes- bzw. frühen Jugendalter rasch an und erreicht bei männlichen Jugendlichen ihren Höhepunkt in der Alsterspanne zwischen 18 bis unter 21 Jahren und bei weiblichen Jugendlichen bereits in der Alterspannen von 14 bis unter 16 Jahren. Nach Erreichen des Scheitelpunktes nimmt die Tatverdächtigenbelastungsziffer mit zunehmendem Alter ab. Dieser Zusammenhang zwischen Alter und Kriminalitätsbelastung wird auch als „aging-out-effect“ bezeichnet.

Wichtig anzumerken ist hierzu noch, dass es sich bei dem sprunghaften Rückgang der Kriminalitätsbelastung im Jugendalter i.d.R. um eine Spontanremission handelt. D.h., dass sich für die allermeisten Jugendlichen Kriminalität als selbst erledigendes Phänomen erweist und ohne Intervention von außen, kriminelle Verhaltensweise unterlassen werden.

Jugendkriminalität – Age-Crime-Curve zeigt die Kriminalitätsentwicklung im Altersverlauf
Kriminalität im Altersverlauf (Heinz, 2016)
Die Abbildung zeigt, dass die Höchstbelastung der Jugendkriminalität in der Altersspanne von 14-16 Jahren (weiblich) bzw. 18-21 Jahren (männlich) liegt.
Tatverdächtigenbelastungszahlen (je 100.000) für Deutsche, nach Geschlecht und Altersgruppe. 2015

Jugendliche Mehrfach- und Intensivtäter

Jugendliche Mehrfach- und IntensivtäterPersonen, die wiederholt und in hoher Frequenz Straftaten begehen und aufgrund ihrer Delinquenz besonders polizeilich und strafrechtlich überwacht werden. sind junge Menschen, die wiederholt und mit hoher Frequenz Straftaten begehen. Eine allgemein anerkannte Definition gibt es nicht, jedoch orientieren sich kriminalwissenschaftliche und polizeiliche Abgrenzungen meist an quantitativen Kriterien: MehrfachtäterPersonen, die wiederholt Straftaten begehen und dadurch in der Kriminalstatistik mehrfach in Erscheinung treten. haben in der Regel mindestens fünf registrierte Straftaten innerhalb eines bestimmten Zeitraums, während Intensivtäter durch eine besonders hohe Rückfallquote, Schwere der Delikte oder eine kriminelle Karriere mit zunehmender Eskalation gekennzeichnet sind.

Das Intensivtäterkonzept geht auf die sog. Philadelphia-Kohortenstudie von Wolfgang, Figlio und Sellin (1972) zurück. Die Forscher fanden seinerzeit heraus, dass 6% der Geburtskohorte verantwortlich für 52% der polizeilichen Festnahmen und Mehrzahl der Gewaltdelikte (u. a. 82% aller Raube, 69% der qualifizierten Körperverletzungsdelikte und 73% aller Vergewaltigungen) sind. Seither wurde dieser Befund in zahlreichen Folgestudien (u.a. Schülerbefragungen durch das KfN in Deutschland)  bestätigt. Als grobe Faustregel gilt, dass ca. 6% der Jugendlichen eines Jahrgangs verantwortlich sind für 50% der Kriminalität, die von diesem Personenkreis ausgeht.

Erklärungsansätze für Jugenddelinquenz

Jugendarbeitslosigkeit

persönliches Gewalterleben (in der Erziehung – Elternhaus, Schule. Bundeswehr usw.)

diverse Kriminalitätstheorien

Jugendliche als Opfer von Kriminalität

Erziehung, Abschreckung und Strafe im Kontext von Jugenddelinquenz

Erziehungsgedanke

Warnschussarrest

Boot Camps

Scared Straight

Anhebung der Höchststrafe oder Abschaffung des Jugendstrafrechts

Herabsetzen der Strafmündigkeitsgrenze

Risiko- und Schutzfaktoren

Prävention

Eine gute Übersicht über Präventionsprogramme, die sich an jugendliche Mehrfach- und Intensivtäter richten, bietet die Arbeit von Walsh (2018, siehe hier auch Überblick über die in die Evaluationsstudie einbezogenen Präventionsprogramme auf S. 24ff.).

  • Projekt „Kurve kriegen“
  • Projekt „Klarkommen!“

Quellen und weiterführende Informationen

  • Bliesener, T., Kindlein, A., Riesner, L., Schulz, J., & Thomas, J (2010). Eine Prozess‐ und Wirkungs-evaluation polizeilicher Konzepte zum Umgang mit jungen Mehrfach‐/ Intensivtätern in NRW. Abschluss des Forschungsprojekts. Kiel. Online verfügbar unter: http://entwpaed.psychologie.uni-kiel.de/tl_files/bliesener/Materialien/Abschlussbericht_MIT_ohne_Anhang.pdf
  • Boers, K.;  Reinecke, J.; Bentrup, C.; Kanz, K.; Kunadt, S.; Mariotti, L.; Pöge, A.; Pollich, D.; Seddig, D.; Walburg, C.; Wittenberg, J. (2009) Jugendkriminalität – Altersverlauf und Erklärungszusammenhänge Ergebnisse der Duisburger Verlaufsstudie Kriminalität in der modernen Stadt. Universität Bielefeld und Universität Münster. Online verfügbar unter: https://www.uni-bielefeld.de/soz/krimstadt/pdf/Jugendkriminalitat-Altersverlauf-und-Erklarungszusammenhange.pdf
  • Clages, H.; Zeitner, I. (2016) Kriminologie. Für Studium und Praxis (3. Aufl.). Hilden: Verlag deutsche Polizeiliteratur.
  • Eimermacher, M.; Pfaffenzeller, M. (2016, 7.11) Körperverletzung, Vergewaltigung, Mord. Die Mär von der steigenden Jugendkriminalität. Spiegel Online. Online verfügbar unter: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/kriminalitaet-die-maer-von-der-steigenden-jugendkriminalitaet-a-1119162.html.
  • Dollinger, B.; Schmidt-Semisch, H. (2018) Sozialpädagogik und Kriminologie im Dialog. Einführende Perspektiven zum Ereignis „Jugendkriminalität“ In: Dies. (Hrsg.) Handbuch Jugendkriminalität. Interdisziplinäre Perspektiven (3. Aufl.). Wiesbaden: Springer.
  • Heinz, W. (2016, 18.10) Jugendkriminalität – Zahlen und Fakten. Dossier Gängsterläufer. Bundeszentrale für politische Bildung. Online verfügbar unter: https://www.bpb.de/politik/innenpolitik/gangsterlaeufer/203562/zahlen-und-fakten.
  • Konstanzer Inventar: Kriminalitätsentwicklung und Sanktionsforschung
  • Kriminalität in der modernen Stadt (CRIMOC)– Projektseite zur Duisburger Verlaufsstudie
  • Naplava, T. (2018). Jugendliche Intensiv- und Mehrfachtäter. In: B. Dollinger und H. Schmidt-Semisch (Hrsg.). Handbuch
    Jugendkriminalität (S. 337-356). Wiesbaden: Springer. DOI 10.1007/978-3-531-19953-5_17
  • Pfeiffer, C.; Baier, D.; Kliem, S. (2017) Zentrale Befunde des Gutachtens „Zur Entwicklung der Gewalt in Deutschland. Schwerpunkte: Jugendliche und Flüchtlinge.“ Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Online verfügbar unter: https://www.zhaw.ch/storage/shared/sozialearbeit/News/zusammenfassung-gutachten-entwicklung-gewalt-deutschland.pdf
  • Polizei Nordrhein-Westfalen. Lagebild Jugendkriminalität und -gefährdung. Online verfügbar unter: https://polizei.nrw/node/1196
  • Schulz, F. (o.J.) Jugendkriminalität. KrimLex. Online verfügbar unter: http://www.krimlex.de/artikel.php?BUCHSTABE=J&KL_ID=93
  • Steinke, R. (2018, 02. Januar) Studie zur Jugendkriminalität. „Mehr Liebe, weniger Hiebe“. Süddeutsche Zeitung. Online verfügbar unter: http://www.sueddeutsche.de/panorama/studie-zur-jugendkriminalitaet-mehr-liebe-weniger-hiebe-1.3811190.
  • Walsh, M. (2018) Effekte von Ansätzen und Maßnahmen im Umgang mit jungen „Intensiv“- und Mehrfachtätern. Systematische Übersichtsarbeit zu den Methoden und Ergebnissen von Studien zur Evaluation von Präventionsansätzen. Berichte des Nationalen Zentrums für Kriminalprävention, 2/2018. Bonn: Nationales Zentrum Kriminalprävention. Online verfügbar unter: https://www.nzkrim.de/synthese/themen/16/

Beiträge zum Thema

  • Karrieremodell (Quensel)
  • Delinquency and Drift (Matza)
  • JugenddelinquenzJugenddelinquenz

Teile diesen Beitrag
  • teilen 
  • teilen 
  • teilen 
  • E-Mail 

Verwandte Beiträge:

  • kriminologie
    Kriminologie
  • Foto eines Buchregals mit kriminologischen Lehrbüchern
    Was ist das beste Lehrbuch zur Einführung in die…
  • Titelbild: Instanzenforschung
    Instanzenforschung/ Kritische Kriminologie

Kategorie: Kriminologie Tags: Dunkelfeld, Hellfeld, Jugend, Jugendkriminalität

Seitenspalte

Lektionen

  • Betäubungsmittelkriminalität
  • Racial/ Ethnic Profiling
  • Instanzenforschung
  • Jugenddelinquenz
  • Kriminalität Nichtdeutscher
  • Kriminalitätsfurcht
  • Kriminalitätsstatistiken
  • Kriminalitätstheorien (allgemein)
  • Polizeiliche Kriminalprävention
  • Kriminologie als Wissenschaft
  • Predictive Profiling
  • Sexualdelikte
  • Viktimologie
  • Vorurteilskriminalität

Footer

Über SozTheo

SozTheo ist eine Informations- und Ressourcensammlung, die sich an alle an Soziologie und Kriminologie interessierten Leserinnen und Leser richtet.

SozTheo wurde als private Seite von Prof. Dr. Christian Wickert, Dozent für die Fächer Soziologie und Kriminologie an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen, erstellt. Die hier verfügbaren Beiträge und verlinkten Artikel spiegeln nicht die offizielle Meinung, Haltung oder Lehrpläne der HSPV NRW wider.

Impressum & Kontakt

  • Kontakt
  • Impressum & Datenschutz
  • Sitemap
  • Über mich
  • zurück zur Startseite

Partnerseiten

Criminologia – Kriminologie-Blog

Krimpedia

  • Deutsch

Spread the word


Teile diesen Beitrag
  • teilen 
  • teilen 
  • teilen 
  • E-Mail 

Social Media

Besuche SozTheo auf Facebook

Besuche SozTheo auf Instagram

© 2025 · SozTheo · Admin