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Sie befinden sich hier: Home / Kriminalitätstheorien / Karriere/ Entwicklung/ Lebenslauf / Voluntaristische Kriminalitätstheorie (Hermann)

Voluntaristische Kriminalitätstheorie (Hermann)

3. Juni 2018 | zuletzt aktualisiert am 2. Mai 2025 von Christian Wickert

Die Voluntaristische Kriminalitätstheorie von Dieter Hermann erklärt abweichendes Verhalten als Folge individueller Wertorientierungen und normativer Bindung. Sie verbindet handlungstheoretische Annahmen mit einer norm- und wertzentrierten Erklärungsperspektive und erweitert klassische KriminalitätstheorienWissenschaftliche Ansätze, die versuchen, Ursachen und Bedingungen für kriminelles Verhalten zu erklären. um eine dynamische Mikro-Makro-Verknüpfung.

Inhaltsverzeichnis

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  • Merkzettel
    • Voluntaristische Kriminalitätstheorie – Dieter Hermann
  • Theorie
    • 1. Normenebene
    • 2. Wertorientierungsebene
    • 3. Strukturmerkmalsebene
    • Hypothesenebenen und Perspektiven
    • Mikro- und Makroperspektive
  • Kriminalpolitische Implikationen
  • Kritische Würdigung /Aktualitätsbezug
  • Primärliteratur

Merkzettel

Voluntaristische Kriminalitätstheorie – Dieter Hermann

Hauptvertreter: Dieter Hermann
Erstveröffentlichung: 2003 („Werte und KriminalitätKriminalität bezeichnet gesellschaftlich normierte Handlungen, die gegen das Strafgesetz verstoßen.“)

Land: Deutschland

Idee/Annahme: Kriminalität entsteht in AbhängigkeitAbhängigkeit beschreibt den Zustand, in dem eine Person nicht mehr in der Lage ist, den Konsum einer Substanz oder ein bestimmtes Verhalten ohne psychische und/oder physische Entzugserscheinungen zu beenden. von individuellen Wertorientierungen und der Akzeptanz sozialer Normen. Personen mit materialistischer Wertorientierung und niedriger Normenakzeptanz begehen häufiger Delikte. Alter, Bildung und sozialer Kontext beeinflussen die Wertestruktur und damit die Delinquenzbereitschaft.

Knüpft an: Handlungstheorie (Parsons), Norm- und Wertetheorien, Rational ChoiceRational Choice ist ein theoretischer Ansatz, der menschliches Verhalten als Ergebnis rationaler Kosten-Nutzen-Kalküle versteht.

Kritik an: Monokausale SubkulturtheorienSubkulturtheorien sind soziologische und kriminologische Ansätze, die abweichendes Verhalten und Kriminalität als Ausdruck spezifischer Werte, Normen und Lebensstile innerhalb sozialer Gruppen interpretieren, die sich von der Mehrheitsgesellschaft abgrenzen., einseitige Fokussierung auf Unterschichtkriminalität, defizitäre Strafpraxis (z. B. durch negativen Einfluss harter Sanktionen)

Theorie

Hermann geht in seiner Theorie und in Anlehnung an Parsons von einem Menschen aus, der sich als ein produktiv realitätsverarbeitendes Subjekt darstellt. Jede Handlung basiert auf der subjektiven Situationswahrnehmung sowie der Auswahl von Zielen und Mitteln – stets vermittelt durch NormenVerhaltensregeln und Erwartungen, die innerhalb einer Gesellschaft oder sozialen Gruppe als verbindlich gelten. und Werte.
Eingebunden in eine äußerst komplexe Umwelt, greift nun der Mensch auf Stereotype, Normen und WerteGrundlegende Vorstellungen darüber, was in einer Gesellschaft wünschenswert, gut oder erstrebenswert ist. zurück, um Wichtiges von Unwichtigem zu trennen, also die Komplexität zu reduzieren und dadurch die erlangten Informationen besser verarbeiten zu können.
Normen und Werte strukturieren sowohl die Wahrnehmung als auch die Auswahl von Handlungszielen und -mitteln. Werte definieren, was als erstrebenswert gilt; Normen regulieren die zulässigen Mittel zur Zielerreichung.

Die Wertorientierung kann nach Annahme der Voluntaristischen Kriminalitätstheorie zwischen einer traditionellen Orientierung an Leistung, ReligionSystem von Glaubensvorstellungen, Symbolen und Praktiken, das auf das Transzendente verweist und individuelle wie kollektive Sinngebung ermöglicht. und konservativer Konformität und einer materialistischen Orientierung an hedonistischen und subkulturell materialistischen Zielen unterschieden werden.
Die Normenakzeptanz ist wiederum stark von Alter und Bildung abhängig.
Es ergeben sich für Hermann daher folgende, empirisch auch gut gestützte Hypothesen:

1. Normenebene

Je ausgeprägter die Akzeptanz von Rechtsnormen ist, desto geringer sind die Delinquenzbelastungen der entsprechenden Personen.

Implikation: Normverinnerlichung wirkt kriminalitätspräventiv.

2. Wertorientierungsebene

Je ausgeprägter die Orientierung an traditionellen Werten ist, desto höher ist die Normakzeptanz; je ausgeprägter die Orientierung an modernen, materialistischen Werten ist, desto geringer ist die Normakzeptanz.

Implikation: Wertestrukturen beeinflussen das Verhalten über die Normenbindung.

3. Strukturmerkmalsebene

Je älter eine Person ist, desto stärker ist die Orientierung an traditionellen Werten. Je höher der Bildungsstatus, desto stärker ist die Orientierung an modernen, materialistischen Werten.

Implikation: Soziodemografische Merkmale wirken über Wertevermittlung auf die Delinquenzbereitschaft.

Demnach kann geschlussfolgert werden, dass ältere Menschen seltener kriminell werden als jüngere Menschen, weil ihre Akzeptanz von Rechtsnormen aufgrund traditionellerer Werte höher ist. Zudem lässt sich festhalten, dass besser gebildete Personen häufiger kriminell werden als Menschen mit einem niedrigeren Bildungsstatus, da sie häufiger einer weniger Rechtsnorm akzeptierenden, materialistischen Wertorientierung anhängen.

Hermann ist bei all dem in der Lage, sowohl auf Mikro- als auch auf Makroebene zu argumentieren: Demnach ändere sich die Wertorientierung innerhalb des individuellen Lebenslaufs, abhängig von Alter, Bildung und dem Wertewandel des eigenen sozialen Umfeldes (Mikroebene). Außerdem könne eine steigende Kriminalitätsrate durch die Veränderung gesamtgesellschaftlicher Werte zugunsten einer modern-materialistischen Orientierung erklärt werden (Makroebene).
Schließlich beschreibt die Voluntaristische Kriminalitätstheorie des Einfluss von Strafen und Sanktionen auf das Individuum, und zwar erneut bezüglich dynamischer Prozesse innerhalb persönlicher Wertorientierung und Normakzeptanz. Nach Hermann führen insbesondere schwere Sanktionen zum Ausbau materialistischer Werte und zum Abbau traditioneller Werte, was wiederum zu einer Verringerung der Akzeptanz geltender Rechtsnormen, also zu erhöhter Wahrscheinlichkeit, erneut kriminell zu werden, führt.

Hypothesenebenen und Perspektiven

EbeneHypotheseImplikation
NormenebeneJe höher die Akzeptanz von Rechtsnormen, desto geringer die Delinquenzbelastung.Normverinnerlichung wirkt kriminalitätspräventiv.
WertorientierungsebeneTraditionelle Werte → höhere Normenakzeptanz; materialistische Werte → geringere Normenakzeptanz.Wertestrukturen beeinflussen Normenbindung und damit das Verhalten.
StrukturmerkmalsebeneAlter ↑ → traditionelle Werte ↑; Bildung ↑ → materialistische Werte ↑.Soziodemografische Merkmale wirken auf DelinquenzDelinquenz beschreibt die Neigung, strafbare Handlungen zu begehen. über Wertevermittlung.

Mikro- und Makroperspektive

  • Mikroebene: Individuelle Wertorientierung verändert sich mit Alter, Bildung, SozialisationSozialisation bezeichnet den Prozess, durch den Individuen die Werte, Normen, Verhaltensmuster und sozialen Rollen ihrer Gesellschaft erlernen und internalisieren. Dieser Prozess ermöglicht die Integration in soziale Gemeinschaften und die Entwicklung einer eigenen sozialen Identität. und situativer Erfahrung (z. B. Sanktionserfahrung).
  • Makroebene: Gesellschaftlicher Wertewandel (z. B. Zunahme materialistischer Werte) kann kollektive Anstiege der Kriminalitätsrate erklären.

Kriminalpolitische Implikationen

Hermanns Hinweis zu einem möglichen Wertewandel durch Sanktionen kann durchaus als Kritik an derzeit geltenden Strafpraxen angesehen werden.
Insbesondere lange Haft- und hohe Geldstrafen hätten selten resozialisierende Effekte, da sie einen Wertewandel hin zu egoistischen, hedonistischen und materialistischen Bestrebungen der Bestraften hervorrufen. Kriminalpräventiv wirksam wären Sanktionen, die prosoziale Wertorientierungen stärken, anstatt materialistische Haltungen zu fördern – etwa durch Restorative-Justice-Ansätze oder werteorientierte Bildungsmaßnahmen im StrafvollzugRechtlich geregelte Inhaftierung und Resozialisierung von Straftätern zur Strafvollstreckung und Vorbereitung auf ein straffreies Leben in Freiheit..

Hermann zeigt mit seiner Voluntaristischen Theorie zudem, dass Kriminalität kein Phänomen der Unterschicht ist, sondern vielmehr mit einem höheren Bildungsstatus und einer modernen Wertorientierung korreliert. Die allgemein geläufige Vorstellung, abweichendes Verhalten habe zumeist mit geringer Intelligenz oder mangelnder Bildung zu tun, wird hier konsequent verneint. Kriminalpolitisch kann demnach geschlussfolgert werden, dass der Blick mehr auf höhere Schichten und deren möglicherweise recht hohen Anteil an Kriminalität im Dunkelfeld zu richten ist. KriminalpolitikStrategien und Maßnahmen staatlicher Institutionen zur Aufrechterhaltung sozialer Ordnung und zur Reaktion auf regelwidriges Verhalten. sei nicht einfach mit Sozialpolitik gleichzusetzen, da es sich bei Kriminalität heute mehrheitlich nicht mehr um nur um Unterschichtkriminalität handelt.
Implizit steht hier also auch der Hinweis ganz nach Tradition des Labeling ApproachTheorie der Kriminologie, die die Bedeutung gesellschaftlicher Zuschreibungsprozesse für die Entstehung von abweichendem Verhalten und Kriminalität betont. im Raum, dass Verbrechen vor allem dann publik gemacht und bestraft werden, wenn dies für die Mächtigen oder Herrschenden von Vorteil ist, wohingegen den so genannten repressiven Verbrechen und den kriminellen Handlungen von Mächtigen – entgegen ihrer mehr und mehr nachweisbaren kriminalpolitischen Relevanz – zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Kritische Würdigung /Aktualitätsbezug

Die hier nur sehr knapp zusammengefasste Voluntaristische Kriminalitätstheorie kann in ihrer Gesamtkonzeption als eine äußerst umfassende, sowohl Kriminalität als auch KriminalisierungDer Prozess, durch den bestimmte Handlungen oder Verhaltensweisen durch gesetzliche Bestimmungen als kriminell definiert und strafrechtlich verfolgt werden. berücksichtigende, sowohl makrosoziologisch als auch mikrosoziologisch dynamische, und zudem empirisch gut belegte Theorie (Hermann konnte nämlich innerhalb seiner eigenen Studien die Annahme eines Zusammenhangs zwischen materialistischen Werten und Kriminalität bestätigen) gewürdigt werden. Somit handelt es sich bei vorliegender Theorie um einen recht erfolgreichen Versuch, Kriminalität, aber auch Kriminalisierung, sehr allgemein und generell auf alle Delikte und Personengruppen bezogen zu erklären.
Der Rückgriff auf Normen und Werte zur Erklärung von Delinquenz ist zwar keinesfalls neu, doch gelingt es Hermann im Gegensatz zu beispielsweise Merton oder Hirschi, konkret zu umschreiben, welche Form der gesellschaftlichen Wertvorstellungen mit kriminellen Handlungen in Verbindung zu bringen sind und wie jene durch dynamische Prozesse sowie individuell als auch gesamtgesellschaftlich Veränderungen durchlaufen.
Es bleibt nun noch die Frage offen, ob es nicht dennoch Formen von Kriminalität gibt, die in keiner Weise mit Normen und Werten in Verbindung stehen.

Primärliteratur

  • Hermann, Dieter (2003): Werte und Kriminalität. Konzeption einer allgemeinen Kriminalitätstheorie. Wiesbaden.

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Kategorie: Kriminalitätstheorien Tags: 2003, Alter und Kriminalität, Bildung und Delinquenz, Deutschland, Dieter Hermann, Handlungstheorie, Kriminalisierung, Kriminalität der Eliten, Kriminalität und Werte, Kriminalitätstheorien, Kriminalpolitik, Labeling Approach, Lebenslauf, makrosoziologische Theorie, materialistische Werte, Mikro/Makro, mikrosoziologische Theorie, Normakzeptanz, Normen und Werte, pönologisch, Resozialisierung, Sanktionierung, Soziologie, traditionelle Werte, Voluntaristische Kriminalitätstheorie, Wertewandel

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Lektionen

  • Turning Points
    Robert J. Sampson & John H. Laub
  • Delinquency and Drift
    David Matza
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SozTheo wurde als private Seite von Prof. Dr. Christian Wickert, Dozent für die Fächer Soziologie und Kriminologie an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen, erstellt. Die hier verfügbaren Beiträge und verlinkten Artikel spiegeln nicht die offizielle Meinung, Haltung oder Lehrpläne der HSPV NRW wider.

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