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Sie befinden sich hier: Home / Soziologie / Schlüsselwerke der Soziologie / Ralf Dahrendorf – Homo Sociologicus (1977)

Ralf Dahrendorf – Homo Sociologicus (1977)

1. April 2025 | zuletzt aktualisiert am 2. April 2025 von Christian Wickert

Mit Homo Sociologicus. Ein Versuch zur Geschichte, Bedeutung und Kritik der Kategorie der sozialen Rolle veröffentlichte Ralf Dahrendorf 1977 einen prägnanten, bis heute viel diskutierten Beitrag zur Rollentheorie. Das ursprünglich bereits 1958 erschienene Essay wurde in überarbeiteter Form zu einem Klassiker der Soziologie, der nicht nur den Rollenkonzepten seiner Zeit einen systematischen Rahmen verlieh, sondern auch eine grundlegende Kritik an einem zu engen Rollenverständnis formulierte. Dahrendorf gelingt es, die Kategorie der sozialen Rolle als zentrales Analyseinstrument der Soziologie zu rekonstruieren und zugleich in ihrer Begrenztheit aufzuzeigen.

Inhaltsverzeichnis

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  • Wissenschaftlicher Kontext
    • Homo Sociologicus nach Ralf Dahrendorf
  • Rolle als soziologische Kategorie
    • Soziale Rolle
  • Normative Erwartungen und Rollenkonflikte
  • Bedeutung für Sozialisation und polizeiliche Praxis
    • Weitere Rollentheorien in der Soziologie
  • Fazit
  • Literatur

Wissenschaftlicher Kontext

Der Begriff der sozialen Rolle war zur Zeit der Erstveröffentlichung bereits etabliert, insbesondere im Kontext des Strukturfunktionalismus (z. B. Parsons) und des Symbolischen Interaktionismus (z. B. Goffman). Dahrendorf knüpft an diese Theorien an, entwickelt sie aber weiter – nicht zuletzt durch eine deutlichere Betonung von Konflikt, Ambivalenz und der Möglichkeit der Rollendistanz. Seine Perspektive steht exemplarisch für eine Soziologie, die nicht nur Ordnung analysiert, sondern auch soziale Spannung und Veränderung reflektiert.

Homo Sociologicus nach Ralf Dahrendorf

Hauptvertreter: Ralf Dahrendorf (1929–2009)
Ralf Dahrendorf (aufgenommen 1980)
Erstveröffentlichung: 1958 (erweitert 1977)

Land: Deutschland / Vereinigtes Königreich

Idee/ Annahme: Die Soziologie beschreibt den Menschen als „Homo Sociologicus“ – als Rollenhandelnden, dessen Verhalten durch soziale Erwartungen strukturiert ist. Dieses Rollenverständnis erklärt soziale Ordnung, birgt aber auch Spannungen und Konflikte.

Grundlage für: Rollentheorie, Sozialisationstheorie, Konflikttheorie, soziologische Handlungstheorie

Rolle als soziologische Kategorie

Dahrendorf versteht den Homo Sociologicus als Modellmensch der Soziologie. Dieser ist geprägt durch soziale Rollen – also erwartbares Verhalten, das an eine bestimmte soziale Position geknüpft ist. Jede Person ist Träger mehrerer sozialer Positionen (z. B. Polizist:in, Elternteil, Freund:in) und erfüllt entsprechend unterschiedliche Rollen. Rollen sind nicht individuell gewählt, sondern gesellschaftlich vorgegeben. Sie strukturieren Erwartungen und ermöglichen Verhaltenssicherheit im sozialen Miteinander.

Soziale Rolle

Eine soziale Rolle bezeichnet das Bündel gesellschaftlicher Erwartungen, das mit einer bestimmten sozialen Position verknüpft ist. Sie gibt vor, welches Verhalten „angemessen“ ist – etwa im Beruf, in der Familie oder im Freundeskreis.

  • Position = Ort im sozialen Gefüge (z. B. Lehrerin, Nachbar, Vorgesetzte)
  • Rolle = erwartetes Verhalten an diese Position (z. B. pünktlich, hilfsbereit, durchsetzungsstark)

Normative Erwartungen und Rollenkonflikte

Rollen sind Träger sozialer Normen. Sie machen Verhalten vorhersehbar und ermöglichen soziale Ordnung. Dahrendorf schreibt:

Soziale Rollen sind ein Zwang, der auf den Einzelnen ausgeübt wird – mag dieser als eine Fessel seiner privaten Wünsche oder als ein Halt, der ihm Sicherheit gibt, erlebt werden. Dieser Charakter von Rollenerwartungen beruht darauf, dass die Gesellschaft Sanktionen zur Verfügung hat, mit deren Hilfe sie die Vorschriften zu erzwingen vermag. Wer seine Rolle nicht spielt, wird bestraft; wer sie spielt, wird belohnt, zumindest aber nicht bestraft.
(Dahrendorf, 1958, S. 36)

Doch Dahrendorf betont, dass Rollen nicht konfliktfrei sind: Menschen stehen häufig in Rollenkonflikten, etwa wenn Erwartungen aus verschiedenen Rollen einander widersprechen oder mit den eigenen Überzeugungen kollidieren.

  • Intra-Rollenkonflikt: Widersprüchliche Erwartungen innerhalb einer Rolle (z. B. Polizist:in soll empathisch und durchsetzungsfähig sein).
  • Inter-Rollenkonflikt: Konflikte zwischen verschiedenen Rollen einer Person (z. B. Mutter und Vorgesetzte).
  • Person-Rollen-Konflikt: Persönliche Werte stimmen nicht mit der Rollenerwartung überein.

Diese Konflikte zeigen: Der Mensch ist nicht bloß eine leere Hülle sozialer Erwartungen. Dahrendorf fordert, Rollentheorien um die Dimension von Freiheit und Distanz zu erweitern.

Der Homo Sociologicus ist für Dahrendorf ein notwendiges, aber begrenztes Modell. Er ermöglicht es, soziale Ordnung zu erklären – reicht aber nicht aus, um Phänomene wie Normbrüche, kreative Handlungen oder gesellschaftlichen Wandel zu verstehen.

Bedeutung für Sozialisation und polizeiliche Praxis

Das Werk ist besonders relevant für Theorien der Integration in soziale Gemeinschaften und die Entwicklung einer eigenen sozialen Identität.">Sozialisation: Die Übernahme sozialer Rollen ist ein zentrales Moment der sozialen Prägung. Auch für das Selbstverständnis von Polizist:innen ist das Rollenverständnis hilfreich: Zwischen formaler Amtsrolle, kollegialer Gruppenidentität und persönlicher Haltung entstehen Spannungen, die nur über Rollendistanz und Reflexion bewältigt werden können.

In der Ausbildung, der Evaluation von Polizeihandeln oder in der Organisationskultur ist Dahrendorfs Perspektive ein Schlüssel zum Verständnis professionellen Handelns unter normativen Erwartungen.

Weitere Rollentheorien in der Soziologie

Ralf Dahrendorfs Homo Sociologicus steht in einer längeren Tradition soziologischer Rollenkonzepte. Je nach theoretischem Zugang variiert das Verständnis von „Rolle“ deutlich:

  • Talcott Parsons: Im Strukturfunktionalismus gelten Rollen als normativ definierte Handlungserwartungen, die zur Stabilität des Systems beitragen. Abweichung gilt als dysfunktional.
  • Erving Goffman: Der Symbolische Interaktionismus sieht Rollen als Ergebnis von Interaktion. Sie werden aktiv inszeniert, angepasst und situativ ausgehandelt – ähnlich wie Rollen in einem Theaterstück.
  • George Herbert Mead: Rollen entstehen durch die Übernahme von Perspektiven anderer („role taking“) im Rahmen der Sozialisation. Die Entwicklung des „Self“ hängt von diesem sozialen Prozess ab.
  • Pierre Bourdieu: In seiner Theorie des Habitus werden Rollenmuster inkorporiert und unbewusst „verkörpert“. Sie erscheinen als selbstverständlich, sind aber Ergebnis sozialer Strukturbedingungen.

Dahrendorfs Beitrag zeichnet sich dadurch aus, dass er Rollenerwartungen nicht nur als stabilisierende Kraft, sondern auch als Quelle von Konflikt, Ambivalenz und individueller Freiheit betrachtet.

Fazit

Homo Sociologicus ist ein prägnanter und zugleich kritischer Beitrag zur Rollentheorie. Dahrendorf gelingt es, das Rollenmodell als unverzichtbares Werkzeug der Soziologie zu etablieren – ohne dessen Begrenztheit aus dem Blick zu verlieren. Der Text ist kompakt, präzise und anschlussfähig für viele soziologische Diskussionen: von der Sozialisation über Identitätsbildung bis zu Fragen der sozialen Kontrolle. Gerade im Spannungsfeld zwischen Ordnung und Freiheit liefert das Werk eine analytische Brücke – und bleibt damit hochaktuell.

Literatur

  • Dahrendorf, R. (1977). Homo Sociologicus. Ein Versuch zur Geschichte, Bedeutung und Kritik der Kategorie der sozialen Rolle (5. Aufl.). Opladen: Westdeutscher Verlag.

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Kategorie: Allgemeine Soziologie Tags: Homo Sociologicus, polizeiliches Handeln, Ralf Dahrendorf, Rollenkonflikt, Rollentheorie, soziale Ordnung, soziale Rolle, Sozialisation, Strukturfunktionalismus, Symbolischer Interaktionismus

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Lektionen

  • Die Entwicklung soziologischer Theorien
  • Das Kommunistische Manifest (1848)
    Karl Marx & Friedrich Engels
  • Gemeinschaft und Gesellschaft (1887)
    Ferdinand Tönnies
  • Drei Schlüsselwerke der Soziologie
    Émile Durkheim
  • Die Großstadt und das Geistesleben (1903)
    Georg Simmel
  • Die protestantische Ethik (1905)
    Max Weber
  • Wirtschaft und Gesellschaft (1921)
    Max Weber
  • Geist, Identität und Gesellschaft (1934)
    Herbert Mead
  • Die Struktur des sozialen Handelns (1937)
    Talcott Parsons
  • Über den Prozeß der Zivilisation (1939)
    Norbert Elias
  • Dialektik der Aufklärung (1944)
    Max Horkheimer & Theodor W. Adorno
  • Sozialstruktur und Anomie (1949)
    Robert K. Merton
  • Das soziale System (1951)
    Talcott Parsons
  • Wir alle spielen Theater (1956)
    Erving Goffman
  • Das wilde Denken (1962)
    Claude Lévi-Strauss
  • Etablierte und Außenseiter (1965)
    Norbert Elias & John L. Scotson
  • Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit (1966)
    Peter L. Berger & Thomas Luckmann
  • Symbolischer Interaktionismus: Grundbegriffe und Methoden (1969)
    Herbert Blumer
  • Überwachen und Strafen (1969)
    Michel Foucault
  • Homo Sociologicus (1977)
    Ralf Dahrendorf
  • Die feinen Unterschiede (1979)
    Pierre Bourdieu
  • Theorie des kommunikativen Handelns (1981)
    Jürgen Habermas
  • Soziale Systeme (1984)
    Niklas Luhmann
  • Die Risikogesellschaft (1986)
    Ulrich Beck
  • Das Unbehagen der Geschlechter (1990)
    Judith Butler
  • Wir sind nie modern gewesen (1991)
    Bruno Latour
  • Flüchtige Moderne (2000)
    Zygmunt Bauman
  • Bestrafen der Armen (2009)
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    Andreas Reckwitz

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