Die Soziologie ist eine empirische wie theoretische Wissenschaft. Neben praxisnahen Ansätzen befasst sie sich auch mit grundlegenden theoretischen Perspektiven, die das Verständnis sozialer Strukturen, Institutionen und Prozesse prägen. Die hier vorgestellten Schlüsselwerke der Soziologie reichen von den Anfängen im 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart und haben die DisziplinDisziplin bezeichnet ein System der Verhaltensregulierung durch Überwachung, Kontrolle und körperliche bzw. geistige Dressur. nachhaltig beeinflusst. Sie begründen zentrale soziologische Theorien, führen neue Begriffe ein und liefern zeitlose Analysen gesellschaftlicher Entwicklungen.
Die Auswahl folgt einer doppelten Logik: historisch-systematisch und thematisch. Die Werke sind nach Epochen und Theorieentwicklungen gegliedert – von Fragen sozialer Ordnung über soziale Rollen und Institutionen bis hin zu Macht, Exklusion und GlobalisierungEin komplexer Prozess zunehmender weltweiter Vernetzung von Wirtschaft, Politik, Kultur und Kommunikation.. Diese Klassiker bieten Orientierung im komplexen Gefüge sozialer Wirklichkeit – und machen die Soziologie für Studierende und Interessierte gleichermaßen zugänglich.
Jeder Beitrag folgt einem einheitlichen Aufbau: Nach einer kurzen Kontextualisierung werden die zentralen Inhalte des Werkes erläutert, seine Bedeutung für die soziologische Theoriebildung hervorgehoben und aktuelle Bezüge aufgezeigt. Verweise auf verwandte Theorien und Schlüsselbegriffe ermöglichen eine vertiefte Auseinandersetzung.
Schlüsselwerke der Soziologie
Die Soziologie blickt auf eine über 150-jährige Theorietradition zurück – von den Klassikern wie Marx, Durkheim und Weber über Strukturalismus, Systemtheorie und Kritische TheorieGesellschaftstheoretischer Ansatz, der die bestehenden Machtstrukturen und sozialen Ungleichheiten kritisch analysiert und hinterfragt. bis hin zu aktuellen Ansätzen wie Praxistheorie und Netzwerkforschung. Dieser Überblicksartikel führt durch die wichtigsten Strömungen und zeigt, wie sie das Verständnis von Gesellschaft bis heute prägen.
I. Die klassischen Grundlagen (19. Jahrhundert bis frühes 20. Jahrhundert)
- Auguste Comte – Course de philosophie positive (1830–1842)
- Karl Marx und Friedrich Engels – Das Kommunistische Manifest (1848)
- Ferdinand Tönnies – Gemeinschaft und Gesellschaft (1887)
- Émile Durkheim – Drei Schlüsselwerke der Soziologie
- Georg Simmel – Die Großstadt und das Geistesleben (1903)
- Max Weber – Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus (1905)
- Max Weber – Wirtschaft und Gesellschaft (1921/22)
II. Strukturfunktionalismus, Rollentheorie und soziale Prozesse (1930–1970)
- George Herbert Mead – Geist, Identität und Gesellschaft [Mind, Self, and Society (1934)]
- Talcott Parsons – Die Struktur des sozialen Handelns [The Structure of Social Action (1937)]
- Norbert Elias – Über den Prozeß der Zivilisation (1939)
- Max Horkheimer und Theodor W. Adorno – Dialektik der Aufklärung (1944)
- Robert K. Merton – Sozialstruktur und Anomie [Social Theory and Social Structure (1949)]
- Talcott Parsons – The Social System (1951)
- Erving Goffman – Wir alle spielen Theater [The Presentation of Self in Everyday Life (1956)]
- Claude Lévi-Strauss – Das wilde Denken [La pensée sauvage (1962)]
- Howard S. Becker – Außenseiter: Studien zur Soziologie abweichenden Verhaltens [Outsiders (1963)]
- Norbert Elias und John L. Scotson – Etablierte und Außenseiter [The Established and the Outsiders (1965)]
- Peter L. Berger und Thomas Luckmann – Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit [The Social Construction of Reality (1966)]
- Harold Garfinkel – Studies in Ethnomethodology (1967)
- Herbert Blumer – Symbolischer Interaktionismus: Grundbegriffe und Methoden [Symbolic Interaction: Perspective and Method (1969)]
III. Kritische Theorie, Poststrukturalismus und Systemtheorie (1970–1990)
- Michel Foucault – Überwachen und Strafen [Surveiller et punir (1975)]
- Ralf Dahrendorf – Homo Sociologicus. Ein Versuch zur Geschichte, Bedeutung und Kritik der Kategorie der sozialen Rolle (1977)
- Pierre Bourdieu – Die feinen Unterschiede: Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft [La distinction: Critique sociale du jugement (1979)]
- Jürgen Habermas – Theorie des kommunikativen Handelns (1981)
- Niklas Luhmann – Soziale Systeme: Grundriß einer allgemeinen Theorie (1984)
- Ulrich Beck – Risikogesellschaft: Auf dem Weg in eine andere Moderne (1986)
- Judith Butler – Das Unbehagen der Geschlechter [Gender Trouble: Feminism and the Subversion of Identity (1990)]
IV. Zeitgenössische Soziologie und Gesellschaftsdiagnosen (ab 1990)
- Bruno Latour – Wir sind nie modern gewesen [Nous n’avons jamais été modernes (1991)]
- Zygmunt Bauman – Flüchtige Moderne [Liquid Modernity (2000)]
- Loïc Wacquant – Bestrafen der Armen [Punishing the Poor: The Neoliberal Government of Social Insecurity (2009)]
- Andreas Reckwitz – Die Gesellschaft der Singularitäten (2017)
Die Auswahl der hier vorgestellten Schlüsselwerke der Soziologie ist keineswegs als abschließend zu betrachten. Für einen Überblick über weitere prägende Arbeiten empfiehlt sich ein Blick in folgende Werke:
- Kaesler, D. (Hrsg.) (2020). Klassiker der Soziologie Bd. 1: Von Auguste Comte bis Alfred Schütz (7. Aufl.). C. H. Beck.
- Kaesler, D. (Hrsg.) (2020). Klassiker der Soziologie Bd. 2: Von Talcott Parsons bis Anthony Giddens (6. Aufl.). C. H. Beck.
- Kaesler, D. (Hrsg.) (2005). Aktuelle Theorien der Soziologie: Von Shmuel N. Eisenstadt bis zur Postmoderne. C. H. Beck.
- Korte, H. (2017). Einführung in die Geschichte der Soziologie (10. Aufl.). Springer VS.
- Papcke, S. & Oesterdiekhoff, G. W. (Hrsg.) (2001). Schlüsselwerke der Soziologie. Westdeutscher Verlag.
- Stones, R. (Hrsg.). (2008). Key Sociological Thinkers (2. Aufl.). Palgrave.
- Treibel, A. (2006). Einführung in soziologische Theorien der Gegenwart (7. Aufl.). Springer VS.
- Universität Graz. 50 Klassiker der Soziologie. https://agso.uni-graz.at/archive/lexikon/


