• Zur Hauptnavigation springen
  • Zum Inhalt springen
  • Zur Seitenspalte springen
  • Zur Fußzeile springen

SozTheo

Sozialwissenschaftliche Theorien

  • Soziologie
    • Allgemeine Soziologie
    • Stadtsoziologie
    • Soziologie der Gewalt
    • Polizeigeschichte
    • Seminar: Polizei & Pop
    • Schlüsselwerke der Soziologie
  • Kriminologie
    • Schlüsselwerke der Kriminologie
  • Kriminalitätstheorien
    • Theorienfinder
    • Personenregister
    • Anomie-/ Druck-Theorien
    • Biologische Kriminalitätstheorien
    • Herrschafts- und gesellschaftskritische Kriminalitätstheorien
    • Karriere/ Entwicklung/ Lebenslauf
    • Kontrolle
    • Kultur/ Emotion/ Situation
    • Lernen/ Subkultur
    • Rational Choice
    • Sanktionierung
    • Soziale Desorganisation
  • Forschung
    • Qualitätskriterien für wissenschaftliches Arbeiten
    • Inhaltsanalyse
    • Standardisierte Befragungen
    • Wie führe ich Experteninterviews?
  • Tipps fürs Studium
    • Wie erstelle ich eine Hausarbeit/ Bachelorarbeit/ Masterarbeit?
    • Checkliste für Erstellung/ Abgabe wissenschaftlicher Arbeiten
    • Wie schreibe ich eine (sehr) gute Arbeit?
    • Systematische Literaturrecherche
    • Bachelorarbeit Thema finden
    • Wie erstelle ich ein Exposé?
    • Wie zitiere ich richtig im APA-Stil?
  • Glossar
Sie befinden sich hier: Home / Soziologie / Schlüsselwerke der Soziologie / Peter L. Berger und Thomas Luckmann – Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit (1966)

Peter L. Berger und Thomas Luckmann – Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit (1966)

30. März 2025 | zuletzt aktualisiert am 30. März 2025 von Christian Wickert

Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit von Peter L. Berger und Thomas Luckmann ist eines der einflussreichsten Werke der interpretativen Soziologie des 20. Jahrhunderts. Das Buch liefert nicht nur eine theoretische Fundierung der Wissenssoziologie, sondern beeinflusste weit über die Soziologie hinaus die Kommunikationswissenschaften, Medien- und Kulturtheorie. Berger und Luckmann zeigen, dass soziale Wirklichkeit keine objektiv gegebene Entität ist, sondern in Interaktion entsteht, gedeutet, stabilisiert und tradiert wird. Der Alltag erscheint dadurch als Bühne, auf der soziale Ordnung permanent hergestellt und verhandelt wird.

Inhaltsverzeichnis

Toggle
  • Wissenschaftlicher und historischer Kontext
    • Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit nach Berger & Luckmann
  • Zentrale Fragestellung
  • Hauptthesen des Werks
    • 1. Die Dialektik von Externalisierung, Objektivierung und Internalisierung
    • 2. Institutionalisierung und Legitimation
    • 3. Sprache als Träger der Wirklichkeit
    • 4. Sozialisation als Wirklichkeitsvermittlung
    • Beispiel 1: Wie wird eine Norm zur sozialen Wirklichkeit?
    • Beispiel 2: Wie wird „respektvolles Verhalten“ gegenüber der Polizei zur sozialen Norm?
  • Symbolischer Interaktionismus und phänomenologische Soziologie
  • Rezeption und Wirkung
  • Fazit

Wissenschaftlicher und historischer Kontext

Das Werk entstand Mitte der 1960er-Jahre in einem gesellschaftlichen Klima des Umbruchs: Demokratisierung, Subjektivierung, neue soziale Bewegungen und die Entstehung pluraler Öffentlichkeiten führten zu einer verstärkten Reflexion über die Grundlagen sozialer Ordnung. Berger und Luckmann knüpfen an die phänomenologische Soziologie von Alfred Schütz an, distanzieren sich zugleich aber vom Strukturfunktionalismus à la Parsons. Sie plädieren für eine Mikroperspektive auf Gesellschaft, in der das „Alltagswissen“ und die Interaktion im Zentrum stehen. Damit steht das Werk in enger Verbindung zum Symbolischen Interaktionismus (Mead, Blumer) und zur Ethnomethodologie (Garfinkel).

Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit nach Berger & Luckmann

Peter L. Berger, 2010
© Foto: Felix Grünschloss/ ZAK – Zentrum für Angewandte Kulturwissenschaft und Studium Generale des KIT – Karlsruher Institut für Technologie

Hauptvertreter: Peter L. Berger (1929–2017) & Thomas Luckmann (1927–2016)
Erstveröffentlichung: 1966

Land: USA (deutschsprachiger Hintergrund beider Autoren)

Idee/ Annahme: Wirklichkeit ist kein objektiv gegebenes Faktum, sondern entsteht durch soziale Interaktion, Sprache und institutionalisierte Wissensformen.

Grundlage für: Sozialkonstruktivismus, Medien- und Kommunikationsforschung, Wissenssoziologie, Diskurstheorie

Zentrale Fragestellung

Die Leitfrage lautet: Wie kommt es, dass Menschen soziale Wirklichkeit als objektiv gegeben und selbstverständlich erleben – obwohl sie diese Wirklichkeit selbst erzeugen? Berger und Luckmann untersuchen, wie im alltäglichen Handeln durch Sprache, Institutionen und Normen, Verhaltensmuster und sozialen Rollen ihrer Gesellschaft erlernen und internalisieren. Dieser Prozess ermöglicht die Integration in soziale Gemeinschaften und die Entwicklung einer eigenen sozialen Identität.">Sozialisation stabile Ordnungsmuster entstehen, die sich als „Realität“ durchsetzen. Die Wirklichkeit des Alltags wird damit zu einem sozialen Konstrukt – allerdings nicht im Sinne beliebiger Erfindung, sondern als historisch und intersubjektiv geteilte Konstruktion.

Hauptthesen des Werks

1. Die Dialektik von Externalisierung, Objektivierung und Internalisierung

Gesellschaft entsteht in einem dreistufigen Prozess:

  • Externalisierung: Menschen handeln, produzieren Bedeutungen und gestalten soziale Wirklichkeit.
  • Objektivierung: Diese Bedeutungen werden verfestigt – etwa in Rollen, Normen oder Institutionen.
  • Internalisierung: Die nachfolgenden Generationen übernehmen diese Bedeutungen als scheinbar objektive Wirklichkeit.

2. Institutionalisierung und Legitimation

Institutionen sind verfestigte Handlungsmuster, die durch Regeln, Symbole und Rollen abgesichert werden. Sie stabilisieren soziale Ordnung und erzeugen Erwartungssicherheit. Über Legitimationssysteme (z. B. Religion, Wissenschaft, Recht) wird diese Ordnung gerechtfertigt.

3. Sprache als Träger der Wirklichkeit

Sprache ist das zentrale Medium, durch das Wirklichkeit strukturiert und tradiert wird. Sie ermöglicht nicht nur Kommunikation, sondern auch die Speicherung und Weitergabe sozialen Wissens.

4. Sozialisation als Wirklichkeitsvermittlung

Im Sozialisationsprozess wird die soziale Ordnung verinnerlicht. Die primäre Sozialisation (Kindheit) schafft die grundlegende Wirklichkeitsstruktur; die sekundäre Sozialisation (z. B. Berufsrollen) differenziert diese weiter aus. Hier entsteht das, was Berger und Luckmann als „subjektive Wirklichkeit“ bezeichnen.

Beispiel 1: Wie wird eine Norm zur sozialen Wirklichkeit?

Berger und Luckmann zeigen, dass Normen nicht einfach „da“ sind, sondern in einem sozialen Prozess entstehen. Ein Beispiel:

  • Externalisierung: Eine Gruppe von Menschen beginnt, eine bestimmte Verhaltensweise als wünschenswert zu behandeln – etwa, dass man beim Betreten eines Hauses die Schuhe auszieht.
  • Objektivierung: Diese Regel wird institutionalisiert: In Haushalten wird ein Bereich für Schuhe eingerichtet, Gäste werden freundlich darauf hingewiesen, „dass man das hier so macht“. Die Regel erscheint zunehmend selbstverständlich.
  • Internalisierung: Kinder wachsen mit dieser Norm auf und erleben sie nicht mehr als soziale Konstruktion, sondern als „normal“. Sie fühlen sich unwohl oder sogar respektlos, wenn sie sie nicht einhalten – selbst in anderen kulturellen Kontexten.

Diese kleine alltägliche Praxis zeigt exemplarisch, wie soziale Wirklichkeit konstruiert wird: durch Wiederholung, sprachliche Absicherung und Sozialisierung.

Beispiel 2: Wie wird „respektvolles Verhalten“ gegenüber der Polizei zur sozialen Norm?

Auch im Bereich von Recht und Ordnung werden Normen nicht einfach verordnet, sondern in sozialen Prozessen konstruiert. Ein Beispiel aus dem polizeilichen Alltag:

  • Externalisierung: In einer Gesellschaft wird der Polizei eine besondere Autorität zugeschrieben. Bürger:innen beginnen, ein bestimmtes Verhalten – z. B. aufrechte Haltung, freundlicher Tonfall, Einhalten von Anweisungen – als angemessen und respektvoll gegenüber Polizeibeamten zu betrachten.
  • Objektivierung: Diese Erwartungen schlagen sich in Medien, Schulunterricht, Behördenkommunikation und Alltagsgesprächen nieder: „So benimmt man sich gegenüber der Polizei.“ Abweichungen davon (z. B. Weigerung, sich auszuweisen) gelten als verdächtig oder respektlos.
  • Internalisierung: Junge Menschen übernehmen diese Erwartung in der Sozialisation. Wer sich nicht „respektvoll“ verhält, wird sanktioniert oder gesellschaftlich abgewertet – unabhängig davon, ob ein rechtlicher Verstoß vorliegt. So entsteht eine Norm, die nicht juristisch kodifiziert, aber sozial wirksam ist.

Dieses Beispiel verdeutlicht, dass auch staatliche Autorität nicht „naturgegeben“ ist, sondern auf symbolisch vermittelte und internalisierte Erwartungsmuster angewiesen ist – ein klassischer Fall sozial konstruierter Wirklichkeit.

Symbolischer Interaktionismus und phänomenologische Soziologie

Das Werk steht in enger Verbindung zu anderen mikrosoziologischen Ansätzen. Wie der Symbolische Interaktionismus (Mead, Blumer, Goffman) betonen Berger und Luckmann die Bedeutung von Interaktion, Sprache und geteilten Symbolen. Gleichzeitig greifen sie die phänomenologische Perspektive von Alfred Schütz auf: Wirklichkeit ist immer perspektivisch, kontextgebunden und in Handlung eingebettet. Im Unterschied zu makrotheoretischen Modellen (z. B. Strukturfunktionalismus, Systemtheorie, Marxismus) setzt dieser Ansatz auf eine bodenständige, alltagsnahe Gesellschaftsanalyse.

Rezeption und Wirkung

Das Werk wurde ein moderner Klassiker der Soziologie. Es prägte den Sozialkonstruktivismus, inspirierte Diskursanalysen (Foucault), Cultural Studies, Medienkritik und Theorien des Poststrukturalismus. Besonders in der Medien- und Kommunikationsforschung wird es bis heute rezipiert. Kritik wurde an der relativ machtneutralen Perspektive geübt: Machtverhältnisse, materielle Bedingungen oder Ideologie kommen nur am Rande vor – was später von kritischen und poststrukturalistischen Autor:innen korrigiert wurde.

Fazit

Mit Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit legen Berger und Luckmann ein Werk vor, das die Soziologie nachhaltig verändert hat. Ihre These, dass soziale Ordnung nicht gegeben, sondern gemacht ist, bleibt bis heute hochaktuell. In einer Zeit, in der sich Wirklichkeiten pluralisieren, konkurrieren und digital beschleunigen, ist der Blick auf die Prozesse ihrer sozialen Konstruktion wichtiger denn je. Das Werk ist ein Schlüsseltext für alle, die verstehen wollen, wie Gesellschaft sich alltäglich reproduziert – durch Worte, Routinen, Institutionen und geteilte Deutungsmuster.

  • Berger, P. L., & Luckmann, T. (1966). The Social Construction of Reality. New York: Anchor Books.
  • Berger, P. L., & Luckmann, T. (1980). Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie. Frankfurt am Main: Fischer.
  • Schütz, A. (1971). Gesammelte Aufsätze zur phänomenologischen Soziologie. Den Haag: Nijhoff.
  • Blumer, H. (1969). Symbolic Interactionism: Perspective and Method. Englewood Cliffs: Prentice Hall.

Teile diesen Beitrag
  • teilen 
  • teilen 
  • teilen 
  • E-Mail 

Verwandte Beiträge:

  • Soziale_Ungleichheit
    Soziale Ungleichheit
  • Herbert Blumer – Symbolischer Interaktionismus: Grundbegriffe und Methoden (1969)
    Herbert Blumer – Symbolischer Interaktionismus:…
  • Pierre Bourdieu - Die feinen Unterschiede (1979)
    Pierre Bourdieu - Die feinen Unterschiede (1979)

Kategorie: Allgemeine Soziologie Tags: Alltagswissen, Berger, Gesellschaftstheorie, Institutionen, Interaktion, Legitimation, Luckmann, Mikrotheorie, Phänomenologie, Primäre Sozialisation, Realität, Sekundäre Sozialisation, Sozialisation, Sozialkonstruktivismus, Subjektivität, Symbolischer Interaktionismus, Wirklichkeitskonstruktion, Wissenssoziologie

Seitenspalte

Lektionen

  • Die Entwicklung soziologischer Theorien
  • Course de philosophie positive (1830–1842)
    Auguste Comte
  • Das Kommunistische Manifest (1848)
    Karl Marx & Friedrich Engels
  • Gemeinschaft und Gesellschaft (1887)
    Ferdinand Tönnies
  • Drei Schlüsselwerke der Soziologie
    Émile Durkheim
  • Die Großstadt und das Geistesleben (1903)
    Georg Simmel
  • Die protestantische Ethik (1905)
    Max Weber
  • Wirtschaft und Gesellschaft (1921)
    Max Weber
  • Geist, Identität und Gesellschaft (1934)
    Herbert Mead
  • Die Struktur des sozialen Handelns (1937)
    Talcott Parsons
  • Über den Prozeß der Zivilisation (1939)
    Norbert Elias
  • Dialektik der Aufklärung (1944)
    Max Horkheimer & Theodor W. Adorno
  • Sozialstruktur und Anomie (1949)
    Robert K. Merton
  • Das soziale System (1951)
    Talcott Parsons
  • Wir alle spielen Theater (1956)
    Erving Goffman
  • Das wilde Denken (1962)
    Claude Lévi-Strauss
  • Etablierte und Außenseiter (1965)
    Norbert Elias & John L. Scotson
  • Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit (1966)
    Peter L. Berger & Thomas Luckmann
  • Studies in Ethnomethodology (1967)
    Harold Garfinkel
  • Symbolischer Interaktionismus: Grundbegriffe und Methoden (1969)
    Herbert Blumer
  • Überwachen und Strafen (1969)
    Michel Foucault
  • Homo Sociologicus (1977)
    Ralf Dahrendorf
  • Die feinen Unterschiede (1979)
    Pierre Bourdieu
  • Theorie des kommunikativen Handelns (1981)
    Jürgen Habermas
  • Soziale Systeme (1984)
    Niklas Luhmann
  • Die Risikogesellschaft (1986)
    Ulrich Beck
  • Das Unbehagen der Geschlechter (1990)
    Judith Butler
  • Wir sind nie modern gewesen (1991)
    Bruno Latour
  • Flüchtige Moderne (2000)
    Zygmunt Bauman
  • Bestrafen der Armen (2009)
    Loïc Wacquant
  • Die Gesellschaft der Singularitäten (2017)
    Andreas Reckwitz

Footer

Über SozTheo

SozTheo ist eine Informations- und Ressourcensammlung, die sich an alle an Soziologie und Kriminologie interessierten Leserinnen und Leser richtet.

SozTheo wurde als private Seite von Prof. Dr. Christian Wickert, Dozent für die Fächer Soziologie und Kriminologie an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen, erstellt. Die hier verfügbaren Beiträge und verlinkten Artikel spiegeln nicht die offizielle Meinung, Haltung oder Lehrpläne der HSPV NRW wider.

Impressum & Kontakt

  • Impressum & Datenschutz
  • Sitemap
  • zurück zur Startseite

Partnerseiten

Criminologia – Kriminologie-Blog

Krimpedia

Looking for the English version? Visit soztheo.com

Spread the word


Teile diesen Beitrag
  • teilen 
  • teilen 
  • teilen 
  • E-Mail 

Social Media

Besuche SozTheo auf Facebook

Besuche SozTheo auf Instagram

© 2025 · SozTheo · Admin